Berlin, 7sins, JK Whg, 28.2.2073

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Die kleinen hellrosanen Füße mit ihren spitzen Krallen tippelten Lautlos über die Neonlicht gebräunte Haut des Edelpunks. Joker lümmelte in nichts als einer Jogginghose auf seinem Sofa und sah Trid, immer wieder Griff die Hand in die Tüte mit Käse überbackender Kartoffelchips einer Marke die mit dem perfekten Image altdeutscher Hausmannskost ihre atzlanischen Investoren verschleierte. Der Elf gab sich wenig Mühe beim Kauen und so labte sich Uwe-Uwe an all den Bröckchen und Krümeln die auf den Brust- und Bauchmuskeln des Straßensamurais landeten.

Vor ihm flimmerte ganz Virtuell eine illustre Runde Berliner Lokalprominenz aller Strömungen und debattierte angeregt über die politische Zukunft der Stadt. Doch ihre Worte verhallten trotz perfektem Dolby Surround Klangs im Raum. Joker war in Gedanken und der Trid wohl mehr ein Alibi um nicht nur scheinbar sinn frei in der Gegend herum zu sitzen.

Der Elf war etwas überdreht, viel Arbeit, viel Sport, viel Uni und viel zu wenig Schlaf in den letzten Tagen. Doch das tat ihm gut, er hatte sich wieder gefangen, alle Gründe für Selbstmitleid und Depression zurück in die Box gesperrt und sich wieder auf das konzentriert, was er Händeln konnte. Er hatte die meisten Bestellungen, Rechnungen und sonstigen Dinge für den März bereits erledigt, dabei hatte der Monat noch nicht einmal angefangen. In seinem Kopf ging er geistig immer wieder verschiedenste Szenarien durch. Neben den aktuellen Auftrag durch Wuxing, beschäftigten ihn auch Drekhead und der Djihad B.

Der Auftrag war wie so oft eine Abwägung von Chancen und Risiken. Grundsätzlich ergaben sich zwei Möglichkeiten. Am Stichtag die Fiale infiltrieren (ob nun Heimlich oder offensichtlich mit einer Finte sei dahingestellt) oder aber die Zielperson vorher auf Mitarbeit zu trimmen.

Wie jedoch bewegt man ein Loyalen Lohnsklaven sein Fürst zu verkaufen. Mit viel Geld natürlich – aber dafür brachte der Auftrag nicht genug ein. Mit etwas Glück konnte man ihn beschatten und Details raus finden die peinlich genug sind, darauf müsste 404, vielleicht noch eine von Keilers Drohnen angesetzt werden. Angenommen aber, man findet nichts, dann bleiben noch ein Chip, Magie oder klassische Gehirnwäsche. Ein Chip, ein Personafix würde wieder Teuer sein und birkt das risiko entdeckt zu werden. Wegen Magie musste er Spitzzahn fragen, Kitty vielleicht und für klassische Gehirnwäsche fehlte den Chummern ein entsprechender Experte und wohl auch die Zeit, welche die Zielperson verschwinden könnte ohne, dass es auffiele.

Sofern die Magier nicht passendes Drauf haben oder das Ziel keine Leiche im Keller hat läuft es also wohl auf Infiltration hinaus. Kurz spielte Joker mit dem Gedanken der Zielfiale einen kostenlosen Sicherheitscheck durch die Firma anzubieten. Aber er wusste nicht wieviel Schaden und vor allen wieviel Aufmerksamkeit nach dem Austausch erzeugt werden würde, das könnte also gewaltig nach hinten losgehen. Zwar blieb im Zweifelsfall immer noch die Fernsehteam Nummer, aber er wollte ein gut funktionierenden Trick auch nicht all zu bekannt machen und deswegen erst einmal ruhen lassen. Allgemeinhin gefiel ihm aber die Idee des offensichtlichen. Getreu dem Motto“ to big to fail“ oder im falle des Runs eher, zu Groß um gesehen zu werden. Eine Gehackte Benachrichtigung über ein Wartungsteam das am 17.3. die Lüftung reinigen oder überprüfen soll. Das ergibt einen fast freien Zugang und man kann genug Material mit hineintragen um eine Personen hinein oder hinaus zu schmuggeln, bei dem ganzen Metall sollten sogar ein paar Waffen für den Ernstfall mit drin sein.

Drekhead war da schon ein ganz anderes Kaliber. Der Sternschutzt suchte ihn – vergebens. Das bedeutete zumindest man musste sich nicht die Mühe machen Berlins halbes Kameranetz an zu zapfen, wenn er seine hässliche Visage in ein Objektiv gesteckt hätte, hätten die elektronischen Agenten der Sternis schon angeschlagen. Er war untergetaucht, was vermutlich bedeutete das er sich abseits von Norm und Politikbezirken aufhielt, was zumindest insofern gut war, das Joker und seine Chummer in diesem Terrain bewanderter waren als die offizielle Konkurrenz. Keiner Lebt von Luft und Liebe, auch kranke Spinner nicht. Irgendwie muss der Typ an Geld kommen und bei seinen Vorlieben lägen zwei Sachen auf der Hand, Organhändeler und Menschenfresser. Bei beiden könnte er seinen „Abfall“ gewinnbringend loswerden. Also Bob auf den Zahn fühlen und vielleicht mal mit den drei alten Vorys sprechen ob sie Entsprechende Geschäftsmänner kennen, vielleicht kann man ihnen Infos zu ihren Bezugsquellen entlocken.

Bliebe noch der größte Brocken. Djihad B war eigentlich eine Numnmer zu groß für den Jungunternehmer Taresh Wertheim, eigentlich. Er kannte die Berliner Gangs lang genug um zu wissen, dass sie in steter schwelender Konkurrenz zu einander standen. Sie waren wie Hyänen auf einem Müllberg, jeder verteidigte bissig sein Gebiet doch sie waren zu Träge und kurzsichtig für aggressives Vorgehen gegen einander.

Eines Wusste Joker, mit den Ende des Status Flux wurden die Karten gerade neu gemischt und das war die Chance ins große Spiel mit ein zu steigen. Friedrichshain-Kreuzberg war traditionell das Revier vom Djihad B, aber genauso Traditionell war Friedrichshain nicht Kreuzberg und die Islamisten schon immer eher südlich der Spree zu Hause. Friedrichshain war freier, künstlerischer, Hipper. Schutzgelderpressung und Fanatiker passten hier nicht rein, erst recht nicht wenn man Westberliner Konzernjugend und Geldadel umwarb. Dazu brauchte es seriöses, vertrauenerweckenderes aber gnadenlos effektives Auftreten. Dieser Fakt war die Lücke in die Joker den Keil ansetzen würde.

Er musste die Normregierung und den Sternschutz auf seine Seite haben, dafür brauchte er Drekhead. Drachenhof würde ihn sicher unterstützen, schon allein weil eine zu starke Drachenfeindliche Gang vor ihrem Toren nicht in ihre Agende passen kann. Kreuzholz ließ sich bestimmt mit Ehrlichkeit, Spenden oder der ein oder Anderen Gefälligkeit gewinnen. Blieben nur noch die Vory als relevante Größe in diesem Spiel und wenn man denen ein Stück vom Kuchen abgibt sind sie sicherlich auch zu überzeugen. Joker wollte die Firma möglichst sauber halten und irgendwer musste die armen Weltschmerzgeplagten und Marathonfeiernden ja mit Schmerzmitteln und Coffein-Tabletten versorgen.

„Squik!“,es riss Joker aus den Gedanken als Berlins verwöhnteste Ratte lauthals protestierte, da sie in der Kunststofftüte, in die sie der Kartoffelchipgeruch führte, nichts Essbares mehr fand. Der Punk zog Uwe-Uwe hinaus und setzt ihn auf seine Schulter ehe er Aufstand und sich die letzen Chipreste vom Oberkörper strich, worauf hin das Bratfett seine Muskeln zum glänzen brachte und sein Oberkörper einen sanften Hauch von Emmentaler verlieh. „Genug gefressen Dicker, Zeit zum Arbeiten...“.

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Berlin, 7sins, Trainingsraum, 2.3.2073

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In dicken, glänzenden Perlen floss Schweiß über den nackten, kantigen, bunt tätowierten Oberkörper des Elfen. Seine schwarzem, schnittigen SK-Puma Turnschuhe passten nicht nur Prima zu der Jogginghose, sie taten auch unermüdlich ihren Dienst und fingen jeden Schritt auf das Laufband noch zusätzlich zu dessen eigener Federung ab. Über der Armatur des Laufbandes baumelten im Takt der Schritte ein weißes Handtuch und ein schwarzer Holster der eine chromglänzende Predator hielt. Jokers Atem war schwer doch sein Vitalmonitor und sein Körpergefühl sagten dem Elf, dass er sein Tempo gefunden hatte und noch eine Weile laufen könne.

Mit achtzig prozentiger Deckkraft lag auf den Cyberaugen eine Dokumentation über den islamischen Glauben der sechsten Welt, den Ton dazu spielte Joker übers Simrig ein. Um die Hintergründe des Djihad B besser zu verstehen wollte er sich mit ihrer Kultur und Religion auseinander setzen, ein mühsames unterfangen. Intuitive hatte er nach wenigen Minuten den Ton bereits heruntergeregelt. Jokers Gedanken glitten schnell von dem monotonem Film fort und kapselten sich schließlich vollkommen ab.

Erinnerungen an das Gespräch über Religion mit Raven nach ihrem katastrophal gescheiterten Date kamen ihm in den Sinn. Du musst nur glauben dann vergibt dir Gott all deine Sünden und lässt dich ins Paradies. Wie das Paradies wohl aussieht? Eine nie enden wollenden, ausschweifende Party oder doch eher pummelige Engelskinder mit Posaunen? Die Vorstellung war amüsant und beruhigend irgendwie, doch Joker konnte damit nichts anfangen. Ihm kam der Paradiesgedanke, Erlösung nur vor wie ein Trostpflaster für die Wunden eines scheiß Lebens und wie eine Beruhigungspille die der Metamenschheit die Angst vor den Tod nehmen soll, vielleicht sogar die Angst vor dem Töten.

Joker wollte nicht darauf wetten. Es gibt keine Erlösung durch den Tod, lieber davon ausgehen das nichts folgt, dann kann er auf keinen Fall enttäuscht werden oder in dem was er hat, seinem Leben etwas verpassen. Warum denn ein jämmerliches Leben mit der Hoffnung aufs Paradies vergeuden wenn man sich das Paradies auch auf Erden bauen kann. Aber was war das eigentlich, Paradies? Was war Jokers Land von Milch und Honig? Ein Haus, ein fettes Penthaus über Berlin und genug Geld um bequem zu leben. Ein paar gute Freunde um die Freuden zu teilen und um sicher zu Leben. Ansonsten ein schönen, charmanten Freund oder Zwei, oder Drei und natürlich ein Minijoker. Kinder wahren nichts für ein Leben in den Schatten, aber dennoch wollte Joker irgendwann einen kleinen Punk aufziehen, ihn Rad fahren und Gewehr schießen beibringen, alles was es so braucht in Berlin.

Das waren alles große Wünsche, es heißt zwar Elfen würden sehr Alt werden, aber wer auch immer diese Statistik erstellt hat, kannte Jokers Lebensstil nicht. Er rauchte, am meisten wenn er trank und er trank zu viel und war auch den meisten Drogen nicht grundsätzlich abgeneigt. Er liebte es über die Straßen zu rasen und vor allem war er Shadowrunner, beschossen zu werden war für ihn beinahe Alltag. Nun wollte er auch noch in den Krieg gegen eine fanatische Gang ziehen, ein Kreuzzug nach Kreuzberg gegen den Djihad, welch Ironie.

„Hör zu Gott…“, Joker sprach schnaufend mehr zu sich selbst als in tatsächlicher Überzeugung an eine höhere Existenz: „Wenn ich das alles Überlebe dann …. Bau ich ein Haus, pflanze ein Baum – und zeug ein Kind!“. Kaum Ausgesprochen grinste der Punk über seinen eigenen, schlechten Humor ehe er sich schlussendlich wieder seiner öden Dokumentation bewusst wurde, den Ton wieder raufregelte und weiter lief.

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Berlin, 7sins, JKs Whg, 18.3.2073

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Das dunkel gehaltene Bad war beleuchtet durch schummrige, dunkelblaue LEDs und trübes, graues Tageslicht. In dem leicht vor sich hin blubbernden warmen Wasser des schwarzen Whirlpools lag der blasse, teils bunt verzierte Körper eines Elfen. Die linke Hand im Nacken, strich sich Joker mit der Rechten über seine ausgeprägten doch leicht eckigen Brustmuskeln und anschließend sein Eightpack hinab bis zum Stamm seiner Lust. Er hatte die Augen offen doch sah mit ihnen ins scheinbar Leere über der Wasseroberfläche.

Er starrte dort hin wo ihn sein Simrig die Gestalt eines jungen, sportlichen Elfen hin projizierte der sich mit weit gespreizten Beinen an den Punk schmiegte. Jokers Griff um sein Gewehr wurde fester als der Virtuelle ihn hingabevoll das Spitze Ohr voll säuselte. Nur wenige Minuten später schoss der Badende mit ersticktem Keuchen auf sein Übungsziel, ehe er erschöpft in sich zusammensackte, das Programm noch beendete bevor er für einige Zeit in der Hitze des Bades in einen Dämmerschlaf versank.

Der Frieden des Befriedigten hielt nicht lange an. Jokers Blick wanderte ziellos über die Decke seines Bades. Was für ein Arschloch, was fiel diesem Kanacken ein ihm irgendwelche bekloppten Gerüchten aus seinen drittklassigen Quellen unter zu schieben. Hatte er nicht genug eigene Sachen zu regeln, nein stattdessen musste er sich um Jokers persönlichste Dinge, um seine Box zu kümmern. Wie konnte Raven behaupten er wollte nichts von ihm und macht dann Nachforschungen über seine Familie. Gräbt dumme Gerüchte aus und rennt damit zu Joker. Erst will er ihm Sagen, wie er das Team zu leiten hat und dann das? Womit würde der Kurde als nächstes versuchen um die Aufmerksamkeit des Punks zu buhlen? War Raven überhaupt bewusst wie er sich verhielt – oder war es Joker der aus Angst sich mit dem Offensichtlichen zu befassen lieber von dem Verdrehten ausging?

Ach Fuck, der Elf tauchte unter Wasser und hielt die Luft an, keine dreißig Sekunden dann strömte Luft aus seinem Internen Tank. Sei Professionell, konzentrier dich auf das Wesentliche. Djihad B, Drekhead, Blake, Kittys Kopfgeld und der Laden muss laufen - Vergiss Raven, kümmer dich um deine Mutter wenn die Zeit reif ist. Langsam tauchte Joker wieder auf den Wasser auf und starrte auf einen weißen, langen Faden vergebender Elfen DNA. Verdammt, dachte er sich noch, du hast sowas nicht mehr nötig, du kannst dir Besseres leisten. Im Zweifelsfall mal Spitzzahn fragen, irgendein guten Bonraku Schuppen kennt der bestimmt.

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22.3.2073 Berlin, Freie Universität

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Lustlos kaute Joker auf dem Soygulasch aus der Uni-Mensa herum. Er hatte das Gefühl die Krillwürfel mit Rinderaroma und Tofunudeln würden in seinem Mund immer weiter aufquellen, einzig der Hunger lies ihn wie automatisiert weiter essen während seine Gedanken abschweiften. Er war noch immer wütend auf sich selbst das er so kurz davor war Dreakhead zu fassen und ihm das Schwein dann doch entkommen ist - verfickte Japsen. Was den Elfen jedoch irritierte war eher, das diese Wut das vorherrschende Gefühl war. Er wusste, er sollte Mitgefühl für den Panda, für seine Tochter empfinden und auch das er den Hacker nach dem Freiheitsversprechen lebend bei Bob ablieferte – verkaufte – hätte irgendwas bei ihm bewegen sollen. Tates aber nicht. Beides waren einfach nur Faktoren, ein Teil des großen Ganzen.

Diese eigene emotionelle Kälte machte Joker nur wütender, wütend auf sich selbst. Er fragte sich auch ob ihn Kitty mehr beschäftigen sollte, ob ihn ihr Schicksal nicht berühren sollte. Stattdessen begann er ihre Probleme immer mehr auf einer rein Professionellen Ebene zu betrachten. Freundschaftspreis hin oder her, er Kalkuliere ihre Lösung durch, ob der Einnahmenverlust durch die Rabattierung die Wertschöpfung durch die Unternehmensbindung des Aktivpostens rechtfertigt. Aber welche Wahl hatte der Elf?

Vorsätzliche Unprofessionalität damit er sich selbst wohler fühlte stand nicht zur Debatte, zudem wer aus dem Team war es schon wert Gefühl über Logik zu stellen? Kitty hatte erst bei der letzten Besprechung bewiesen, dass sie im Zweifelsfall eh nur tut was sie will. Sein engster Partner Spitzzahn hatte sich immer mehr zurückgezogen, die Studien und privaten Projekte des Zauberers, seine privaten Ziele überwogen jegliches Gemeinschaftsinteresse. Keiler stellte Joker schon deswegen in Frage weil er keine Uniform trug, früher oder später würde er ihn wohl auf die eine oder andere Weise herausfordern. Bei Bambi war sich der Straßensamurai immer noch nicht sicher, warum er ihn überhaupt mitrennen ließ, so grün war er hinter den Ohren. Die Sanitäterin, Dana, war ein Buch mit sieben Siegeln, ähnlich wie Roger viel zu verschwiegen. Joker ertappte sich selbst dabei wie er ihnen viel zu sehr Vertraute ohne sie wirklich beurteilen zu können. Das gleiche konnte er wohl über 404 sagen. Warum zur Hölle hatte dieser nervöse, realitätsferne, Soykaff süchtige Nerd die volle Kontrolle über seinen Heimknoten?

Und Raven – keine Ahnung. Logisch wäre gewesen ihn wegen seiner Probleme mit Kitty und spätestens nach den eigenen Anbandlungsversuchen vor die Tür zu setzen. Doch nein, Joker akzeptierte sogar, dass sich der Kurde auf brutalste mögliche Weise in sein Leben einmischte, nachdem er ihm eigentlich sagte, dass er nichts von ihm will. Selbstbetrug war etwas herrliches, anstatt Abstand zu suchen gab er ihm nur mehr und größere Aufgaben, redete sich ein er wäre auf seine Fähigkeiten angewiesen und hielt so die größte mögliche Nähe aufrecht. Das grenzte schon an selbstverletzendem Verhalten.

War Taresh so verzweifelt, dass dies das Team ist mit dem er sein Leben verbrachte riskiert? Scheinbar. Er schob mit der Gabel den letzten Rest faden Gulasch auf dem Teller hin und her ehe ihm ein Kommlinksignal aus den Gedanken riss – schnell los zur nächsten Vorlesung – Personalmanagement – wie passend.

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Berlin Zehlendorf PTA, 26.03.2073

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Die Reifen des Wilden Ebers quietschen als sie vor der vertrauten Zoohandlung zum stehen kamen. Jokers schwere Kampfstiefel zermalmten knirschend die Glasscherben als er in den Laden eintrat. Routiniert schalteten Jokers Cyberaugen durch verschiedene Sichtmodi während er seinen Blick durch den Raum gleiten lies. Doch er war noch nie der Aufmerksamste gewesen sonst hätte er wohl den Rotpunkt auf seiner Brust bemerkt als er in der Mitte des Trümmerfeldes stand. Erst als Jakob sein Sportgewehr senkte und kurz schnaufte drehte der Elf den Kopf zum ihm.

„Yo Chummer“, die Begrüßung des Punks klang unpassend gelassen, wie er in seiner Kampfmontur mit dem Sturmgewehr im Anschlag zwischen Tierkadavern, Glassplittern und Patronenhülsen stand. Der Schieber schnaufte als Antwort: „Was willst du Joker?“. Der Elf schwieg zuerst, ging noch ein paar Schritte durch den Raum, bis er an der Rückwand neben den Nagerkäfigen über Einschusslöcher in der Wand strich. „Jeder drittklassige Versicherungsagent wird erkennen, dass das keine Ganger oder normalen Räuber waren. Knight Errant wird alles leugnen und dich Totklagen wenn du die Wahrheit erzählst und wenn du behauptest es waren die Vory kannst du dich bei denen nicht mehr blicken lassen.“. Der alte Mann hatte keinen Bock auf den Pseudopunk und sein Gelaber, seit wann wollen die Welpen den grauen Wolf belehren, mit tiefen Brummen wiederholte er sich eindringlicher: „ Was – willst du-Joker?“.

Kurz strich sich der Straßensamurai durch den roten Iro, nickte dann aber und schulterte sein Gewehr. „Hör ich ruf Keiler und Schraube als Fahrer und Roger und Raven als Packer und Träger - die Schaffen dir dein besonderes Lager hin wo immer du willst. Wertvolles Zeug kannst du erstmal in unserem Tresor bunkern. Während dessen schicken wir 404 in die Spur die Daten deines Heimknoten zu Manipulieren und du bittest Angie für dich diverse harmlose Bugs und vor allem ein Ausfall des Protokollsystems beim Gasversorger zu hacken. Wir werden Bambi und Dana bitten den Ganzen Laden mit der Gasleitung hoch zu jagen. Du wirst die Feuerwehr alarmieren wegen Gasgeruch, kurz bevor die eintreffen wird gezündet. Deine Frachtpapiere werden bestätigen das du kurz zuvor nicht nur einen halbjahresvorrat hochexplosiver Reinigungsmittel bestellt hattest sondern auch zwei drei besonders wertvolle Tiere. Spitzzahn wird dir von unserer Eventagentur aus eine rückdatierte Bestellung davon geben. – Du weist schon das Gasexplosionen von Hausratsversicherungen gedeck werden oder? Wir brauchen nur die richtigen Chemikalien damit wirklich alle Spuren der Manipulation und der Schießerei verbrennen, hier darf nur Asche bleiben. Ich kümmere mich um die Schadensmeldung und kenn schon ein Anwalt mit dem wir uns durchklagen wenn sie Mucken. Der Trick ist du musst nur das Vierfache verlangen von dem was du haben willst dann bekommst du immer noch das was du…“.

„Stop! Stop Joker alles mal zurück auf F – WAS willst du?“ Der Schieber hatte Mühe den Redeschwall seines Gegenübers zu stoppen, hatte kurz mit dem Gedanken gespielt sein Sportgewehr zu nutzen um den Punk zu unterbrechen der nach kurzem Grinsen schon wieder weitersprach: „Hör zu Panda, ich brauch deine Hilfe, ich hab da ein riesen Ding am laufen, kurz gesagt hab ich ein Plan aufgestellt den Djihad B aus Friedrichshain zu verdrängen und die Türsteher Szene sowie nen paar Sicherheitsaufträge ran zu ziehen. Aber ich brauch jemand mit Erfahrung im organisieren, der Berlins Schatten kennt und die nötigen Kontakte hat. Kurzum ich brauch dich und ich hab das Gefühl du würdest dich grad verändern.“ Fast schon unschuldig zuckte Joker mit den Schultern und deutete auf die Überreste um ihn herum.

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Berlin, 7sins, Mitte April 2073

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Die Bilder auf Jokers linkem Oberarm blähten sich langsam auf und erschlafften danach wieder. Im immer gleich bleibenden Rhythmus hob der Elf die Langhantel im Bogen hoch zur Schulter und senkte sie dann wieder zum Becken hinab, bei jeder Bewegung spannte sich die Haut über seiner Bicepsmuskelatur ein wenig mehr. Der Punk liebte das Training am Limit, wenn ihm der Schweiß von der Stirn übers Gesicht floss, in einem kleinen Rinnsal über den dermalgeformten Oberkörper schlängelte um im Bund der Jogginghose zu verschwinden, wenn der vorherrschende Sinneseindruck das nur stärker werdende Brennen in den Muskeln war, dann war Joker in einer Art ruhiger Trance. Keine Paragraphen, Formeln oder Wirtschaftsleitsätze in seinem Kopf, keine Chummer, kein Club, keine Rache und kein trostloses Privatleben. Einfach nur eine Reihe Muskeln die gegen Schmerz und Anstrengung rebellierte.

Mit zusammengepressten Zähnen und zitternden Oberarmen zog der Elf die Langhantel ein letztes mal hoch, auch wenn er die Schulterhöhe nicht ganz erreichte. Er schrie kurz auf, aus einer Mischung von Schmerz und Sieg als er das Gewicht schließlich von sich stieß, los lies und es krachend auf die vorplatzierte Matte hinab donnerte. Die Arme baumelnd floss langsam wieder Blut und damit all die Probleme in den Kopf. Zwischenprüfungen standen an, er konnte nicht mehr jeden Abend im Club sein, musst er aber mittlerweile auch nicht. Er sollte Kitties Einladung annehmen aber nicht zu lang bleiben, seine Zeit war zu rar und er musste sich wirklich auf diese Verdammte Juraprüfung vorbereiten. Er konnte aber nicht ganz fern bleiben, wenn er das Team enger zusammen schweißen wollte – zumindest war es das was der Elf sich einredete, das klang weniger schmalzig als sich einzugestehen das ihm Kitti ans Herz gewachsen war, auch wenn das mindestens eben so wahr war.

Joker wischte sich mit beiden Händen den Schweiß vom Gesicht und starrte in den Spiegel. Eine Welle von Arroganz schwappte über ihn. Er war stark, gefährlich, erfolgreich und er bekam fast immer was er wollte. Er Lies sich doch nicht von so einem Anfänger wie Blake, von einem scheiß Ganger auf der Nase rumtanzen. Ein erfolgreiches Projekt bestand aus einer Timeline und Verantwortlichen.
Wann? Am Sonntag nach der Comicparty, Sonntage waren selbst in Berlin immer ruhige Tage. Sonntag ein schöner Tag zum sterben.
Wer? Joker selbst, natürlich. „Wenn mir jemand mein Leben versaut hat,“, sagte der Elf zu sich selbst als er bereits Richtung Dusche schritt: „dann beende ich seins.“.

Keine Kompromisse, keine Gnade. Joker wollte ihn Tod und das möglichst schmerzhaft. Vielleicht konnte er Dana überreden ihm zu verraten wo man dafür hin schießen musste, aber wahrscheinlich war sie zu gutherzig dafür. Joker wunderte sich was sie überhaupt in den Schatten tat, irgendwie schien sie ihm besser bei Ärzten einer Hilfsorganisation aufgehoben. Aber zumidnest würde sie ihm nicht aufhalten, das mit Blake zu beenden. Karma könnte man es nennen. Ohne diese Ganger wäre Taresh Wertheim wahrscheinlich nie in die Schatten abgerutscht, nie zu Joker geworden und hätte nie das Töten so perfektionieren können das er die Bordsteinschwalben ein für alle Mal auslöscht.

Die Daumen unter den Gummizug seiner Unterhose gesteckt entledigte er sich dieser und seiner Trainingshose mit einer Bewegung, warf den stinkenden, schwarzen Textilhaufen achtlos mit in die Tonne die eigentlich für gebrauchte Handtücher dort in der trostlosen Ecke des Trainingsraumes stand. Sich hier schon aus zu ziehen war etwas unkonventionell, aber Joker war gerade nach dem Training nur wenig konventionell im Denken. Er verspürte nach dem Abfall der Anspannung im Training immer ein Sturm sexueller Energie in ihm aufbrausen, so war es ihm nicht nur egal wenn ihm jemand sehen würd, beim ein oder anderen Chummer wär es ihm wohl sogar nur all zu gelegen wenn er ihm jetzt über den Weg liefe. Nicht nur das er sein Crush auf Raven immer noch nicht losgeworden war, auch Bambis schlaksige Gestalt und seine schüchterne Art hatten Jokers Interesse geweckt. Verdammt hatte der Punk echt keine anderen Probleme als seine Libido und sein Gefühlsleben?

Zum Glück für seine Chummer traf er erst die kalte Dusche vor irgendjemand anderem und bekam so wieder den klaren Kopf den er für professionelles Vorgehen brauchte. Nur das Ziel blieb. Blake wird sterben, an einem Sonntag im April.

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Berlin, 7sins, 21./22.4.

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Jokers Batmankostüm war jetzt nicht besonders einfallsreich, aber zumindest hatte er nicht nach dem Prinzip Nomen ist Omen das aller Naheliegenste gewählt. Freitagvormittag war noch seine Jura Zwischenprüfung gewesen und der Punk war mit demselben beschissenen Gefühl raus wie rein gegangen, er hätte sich wirklich mehr Zeit zum lernen nehmen sollen. Was tut man mit der Erkenntnis, dass man wegen mangelndem Zeitmanagements seinen Studienabschluss gefährdet? Richtig man lässt sich in der eigenen Bar so richtig schön zulaufen.

Das 7sins war zur Themenparty wieder rappel voll. Ungefähr bis eins hatte Joker es noch mehr oder Minder geschafft VIPs zu betuddeln, ein paar Kurze mit ihnen zu kippen und ansonsten seinen Leuten auf die Finger zu schauen. Die anschließenden zwei Stunden war er im Sewersfloor versackt und hatte wesentlich mehr von dieser Mischung aus billigem Wodka und Energiegetränk weggeschüttet als ratsam war. Die ersten drei Drinks um locker zu werden, um flirten zu könnenn. Die folgen sechs oder sieben jeweils weil er doch nicht flirten konnte. Erst versuchte er es bei Ive, der nur meinte er müsse arbeiten, dann bei einem brünettem Elfen auf der Tanzfläche der sich nach Jokers Anmache nur zu seiner Freundin umdrehte und ihr die Zunge in den Hals steckte. Raven hatte Joker wie gewohnt nur ignoriert, verdrehte die Augen und verschwand auf einem anderen Floor, den asiatisch stämmigen Menschen den Joker danach anquatschte fand er nichtmehr wieder nachdem dieser „nur kurz“ auf Toilette wollte und schließlich ein äußerst ansehnlicher Goth Elf mit schwarzem Undercut, der den inzwischen schon längst nicht mehr nüchternen Punk direkt mit den Worten „er sei nicht seine Liga“ abwürgte.

Nur mit mühe schaffte es die Gestalt im Batmannkostüm die schwankende Treppe hinauf zur Bar zu kommen. Das Bier das er sich ungeschickt selbst zapfte trank er kaum zur Hälfte, den Rest verteilte er im Treppenhaus und über sein Kostüm auf dem Weg nach Oben. Es war noch nicht mal vier Uhr gewesen als Joker es mit größter Mühe bis in den dritten Stock geschafft hatte und die Tür hinter sich schloss.

„Bescheuertes Kostüm..“ , murmelte er zu sich selbst und entledigte sich unter Verlust eines Schuhschrankes im Flur und der darauf befindlichen Tischlampe Der Maske, Handschuhe, Unterarmdeko und Stiefel des Kostüms. Frei von jeglichem Willen zum Selbstschutz schwankte Joker zu seiner Hausbar, trank ein guten Schluck Wiskey aus der Flasche die er darauf hin – Warum auch immer- in den Kühlschrank stellte sich zum Waschbecken drehte und dieses mit einem Großteil seines Mageninhalts füllte.

Er konnte sich verschwommen im Chrom des Waschbeckens spiegeln sehen, zwischen all dem Erbrochenem. Spuckte nochmals aus und murmelte wieder zu sich selbst: „Nicht deine Liga- Scheißkerl.“ Und vermasselte es wütend mit einem Handstreich die Küchentheke leer zu wegen. Nur eine wehrlose Teedose erwischte er während er queer durch den Raum strauchelte, den Schwung nutzte und weiterlief bis zum breiten Ledersofa auf das er sich mit der Eleganz eines spastischen Walrosses herniederließ und binnen Sekunden komatös einschlief.

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Berlin, 7sins, 06.05.2073

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Über Jokers SIMRIG lief die Szene erneut ab, Joker rekapitulierte den Auftrag mit allen Sinnen während er im Ledersessel seines Wohnzimmers saß:
Das Ziel ruhig im Fadenkreuz, ein My neben dem Vorschlag des SMART-Sytems gezielt, da dieses wegen fehlender Sensordaten sich des leichten Ostwinds nicht bewusst war, der auf dieser Entfernung Zweifels ohne von Bedeutung war. Ein letztes mal atmete der Schütze ein, verharrte still und drückte ab. Das abgefeuerte Batteriepäckchen traf das Opfer wie geplant am frei liegenden Nacken, lies es zuckend zu Boden gehen. Joker legte darauf hin seine Waffe ab und rollte sich zu dem zweiten aufgebautem Gewehr.

Nach kurzem justieren des Zweibeins hatte er Hasi im Blick, auch wenn er dem loyalen Freak decken und nicht geeken wollten so musste er unwillkürlich an den Friedhof damals, an Twix denken. Das letzte mal als er Ein Chummer im Fadenkreuz hatte. Mit einem großen Messer sepparierte Roger Kopf und Körper des Magiers, steckte das Haupt in den Rucksack und rannte davon. Der Scharfschütze hatte beim Tempo des Hasens mühe ihn nicht zu verlieren, bevor er in den Häuserschluchten verschwand. Kurz überkam Joker ein Anflug von Bedauern, dass kein Geist aufgetaucht war, das seine Barett heute kalt bliebe, doch gleich darauf tadelte er sich geistig selbst. Solche Gedanken waren hochgradig unprofessionell. Es gab einen Auftrag, der war erledigt, für das fehlen jeglicher Zwischenfälle sollte man dankbar sein.

Der Samurai packte seine Waffen in vorgesehen Kammern der gepolsterten Reisetasche und warf sich diese über die Schultern. Als er das Nachtlager des armen Punks sah überkam ihn kurz ein Anflug von Wehmut. Wie einfach war das Leben als es aus Saufen und Party bestand, als der Edelpunk selbst noch unter dem gestirnten Himmel schlief und mit einem Soyriegel zu bestechen war, weil er nie wusste wann es die nächste Mahlzeit gab.

Joker beendete die SIMRIG Wiedergabe, und streckte sich kurz um sich seinem realen Körper wieder bewusst zu werden. Gott was war er froh, dass diese Zeiten vorbei waren. Ein voller Kühlschrank und eine eigene Bar. Wovon hätte er sonst wohl noch träumen können. Er stand auf und ging zu dem weitläufigen Käfig, der Uwe-Uwes Domizil war, griff behände nach der Ratte und setzt sich sie auf die Schulter bevor er in die Küche schlenderte, ein paar Brote zu schmieren und den kleinen Nimmersatt auf seiner Schulter dabei zu füttern.

Es wäre eine Lüge gewesen, wenn Joker behaupten würde, es ginge ihm nicht gut, auch wenn er wie die meisten Metas dazu neigt eher zu betrachten woran es ihm Mangelt anstatt das zu genießen, was er hat. Er hatte ein Job den er liebte weil er in großem Rahmen nur das machte was er wollte, er hatte ein gutes Team, eine schöne, kleine Bleibe und sogar einen neunzig Tausend Euro Sportwagen davor zu stehen. Hätte jemand ihm das vor fünf Jahren gesagt, Joker hätte ihn als Spinner abgetan.

Trotz allem hatte der Elf noch drei Baustellen. Nummer eins war Blake. Panda, Viktor und all die anderen Schieber hörten sich nach einer Adresse um, sobald Joker wüsste wo würde er sich zwei, drei Chummer als Rücksicherung ins Auto laden zu Blake fahren, seine Tür zersieben, ihm die Arme und Beine wegschießen und dann beim verbluten zusehen. Allein der Gedanke daran hatte etwas unglaublich beruhigendes. Als wenn Joker dann endlich zu seinem Innersten, zu sich selbst finden könnte. Er musste diese Sache beenden, seine Rache bekommen und wenn er sie dann bekommt dann würde da diese unglaubliche Leere, diese Befreiung, sein. Das Urtrauma von Taresh Wertheim würde verblassen. Kein schweißgebadeten Alpträume, keine rachegetriebene Hast, keine Schuldgedanken und kein Ohnmachtsgefühl mehr. Dann würde er endlich stark und frei sein, dann hat er Harald gerecht, seine Familie gerecht.

Wenn das geschehen ist wird Joker auch endlich stark und frei genug sein sich um seine Mutter zu kümmern. Er würde sie zu sich hohlen und allen Zeigen das sie in Wahrheit kein abgewrackter Junkie ist, alles was sie braucht ist etwas Liebe. Ein warmes Lächeln legte sich auf die Lippen des Elfen, doch verschwand schon mit dem nächsten Gedanken. Was wenn Raven recht hatte, wenn seine Mutter tatsächlich tot wäre? Aber hätte das Viktor nicht erfahren und ihm gesagt? Vielleicht wollte Raven wirklich nur Jokers Aufmerksamkeit oder ihn verletzen um ihn los zu werden, wer weiß schon was in dem Kurden abgeht. Möglicher weise hatte der Kurier aber auch recht – aber dann spielte es absolut keine Rolle mehr. Joker war nicht gläubig, er konnte sich nicht vorstellen das eine höhere Macht diese scheiß Welt verantwortet und wenn sie es täte dann wäre ihr Joker für all dieses Übel sicherlich nicht noch dankbar. Joker war nicht gläubig, ihm wäre es egal ob seine Mutter begraben, verbrannt oder ausgeschlachtet worden sei. Tot ist tot, aus.

Der Elf schüttelte den Kopf, ihm wurde gerade bewusst, dass er seit Minuten schon auf ein fertiges Sandwich starrte. Was seine Mutter angeht musste er einfach hoffen, mehr blieb ihm nicht, was anderes wollte er vor allem auch nicht wahr haben. Er griff das Brot, lies Uwe-Uwe kurz dran knappern und setzt sich dann auf einen der Designerhocker am Küchentresen um selbst von ab zu beißen.

Der dritte Punkt der Agenda hieß Privatleben. Man könnte auch sagen Sexleben aber für Joker gab es da kein großen unterschied. Reden konnte er mit seinen Chummern, gar mit seiner Ratte dafür brauchte er keine Partnerschaft. Worüber sollte er mit einer Beziehung auch reden? „Hey Schatz ich hab den Magier perfekt getroffen dann hat Roger ihm den Kopf abgeschnitten!“, irgendwie suboptimal. Joker war von Anfang an klar, dass die beiden bildhübschen Jungs die Spitzzahn mitbrachte weniger Bekannte und sondern Bezahlte waren. Aber bei deren Lächeln – und deren Hintern- war ihm das ziemlich schnell ziemlich egal gewesen. Die beiden lachten sogar über Jokers platten, chauvinistischen Humor, was entweder gegen ihren Intellekt oder für ihr schauspielerisches Können sprach. Apros Können, davon hatten sie einiges. Joker war hinterher selten so K.O. gewesen. Als der Morgen anbrach waren sie dann aber auch gleich los, Frühstück war dann wohl nicht mehr bezahlt worden.

Einerlei hatte das dem Edelpunk ein wenig die Augen geöffnet. Als er neulich mit Raven über Bonrakus, insbesondere über Ive sprach, da wollte er eigentlich mehr Ravens Reaktion und Loyalität testen, nun aber schien käufliche Liebe – oder zumindest Zuneigung – eine wirklich relevante Option. Vielleicht nicht gleich Bonrakus, auch wenn man sich dann wirklich kein Kopf mehr machen muss was man erzählt wenn man nach Hause kommt, aber mal sehen.

Joker schluckte die letzten Bissen seines Sandwich hinab und öffnete ein AR Angebot für lokale Eskorts. Ohne groß zu überlegen setzte er die Filter, Alter maximal 20, Mensch oder Elf, Europäer mit gebräunte Haut oder Orientalischer Typ, 180-190cm, schlank bis athletisch, schwarze Haare – als er blaue Augen noch auswählte grenzte dass das Angebot ziemlich ein, aber egal, einer wird schon dabei sein….

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Hi Joker,

klingt gut dein Vorschlag, ich bin dabei. Eine kleine "Grundausbildung" sollte ich für sie zusammen bekommen.
Bin ja mal gespannt was du für Leute da angeschleppt hast.

Auf deine Frage vom Kom.-Panel. Großstadt würde mir keine einfallen. Aber im Schwarzwald kann man so ziemlich alles als "Jagdwaffe" bekommen. Da sind die Schutzmänner dank der Critter vergleichsweise großzügig.

Gruß KL,

PS: Weißt ja, wenn du ein Taxi oder einfach nur einen Kameraden als Rückendeckung brauchst kannste auch mich zählen.

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Berlin, Burdens Hell 18.5.2073 03:00-05:00

Zitat

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Das Bierglas, das Joker nach dem kaum volljährigen Punk schmiss, zerschellte neben diesem auf dem Asphalt der Straße. Das klirren des Glases ging jedoch im Gebrüll des angetrunkenen Straßensamurais unter: „Weg von dem Waagen! Nimm deine dreckigen Punkgriffel von meinen Waagen! Ich reiß dir den Kopf ab und scheiß dir in den Hals!“. Taresh wollte auf den Jugendlichen mit den grünen Haaren zugehen, wollte dem Punk die volle Wucht der emotionalen Achterbahn die er entlang raste spüren lassen, als er von einer schweren, alten Hand an der Schulter gepackt wurde. Es war weniger die Stärke der Hand als mehr die Erinnerung daran, wie diese Pranke bereits die Schulter seines acht jährigen Selbst gepackt und zurückgezogen hatte. Joker folgte dem Zug hinein in die Bar von ganz allein als Viktor ihn anbrummte „Komm rein Junge.“.

Es war drei Uhr früh und die Gegend zu ruhig als dass Gebrüll und Randale vor der Tür nicht dem Geschäft schaden würden. Joker hatte Viktor alles erzählt, damals vom Friedhof und nun auf der Straße. Wie er die Meisten Schwalben selbst erschossen hatte und wie nun sein Schieß und Zauberwütiges Team ihn den letzten Abschuss versaut hatte. Auch wenn Jokers Gedanken momentan nur zäh wie Karamell flossen während die Zeit davonrauschte, nach ein paar Bieren hatte der Elf irgendwann damit seinen Frieden gefunden. Letzenendes ist das Ergebnis wichtig - Tot war tot, die Bordsteinschwalben waren ausgelöscht, die Ursache allen Übels in Tareshs eigener kleiner Welt war ausgemerzt worden. Nun war er bereit sich um den Folgen zu widmen.

„Viktor?“ Joker wusste nicht wie spät es war als er vom Theresen wieder auf zu dem ergrautem Barmann sah. Er fühlte sich auf einmal unglaublich klar, befreit, leicht - bereit. Endlich Bereit das richtige zu tun, das zu tun was er vor Jahren schon hätte tun sollen. Er sah Viktor Burden direkt in die Augen, ruhig aber entschlossen: „Viktor – Wo ist Mama?“.

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Viktor sah den Elfen an. "Hat seit neusten eine sehr feste Wohnstelle gefunden. Leider etwas feucht." Er blickte zu einem E-Bild an der Wand. "Du musst jetzt stark sein Junge und es fällt mir nicht leicht das zu sagen. Deine Mutter ist nicht mehr unter uns. Hat sich ein High zu viel gegönnt. Mein Beileid" Viktor schwieg kurz, eine Träne unterdrückend. "Hab ein paar Kröten zusammengekratzt und ihr ein anständiges Grab gemietet. Ist in Pankow drausen, etwas abgelegen. Hier haste die GPS-Daten."

Berlin, 7sins, 18.&19.5.73

Zitat

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Taresh rannte lachend durch eine alte Bar, durch Viktors Bar. Er hatte die Arme ausgebreitet und tat so als sei er ein Flugzeug dann sprang er ab und Maria fing ihn behände auf, drehte ihr lachendes Kind im Kreis um sich. Geborgenheit, Freude, Sorglosigkeit, Jokers Simrig verstärkte die Gefühle seiner Erinnerung, lies ihn alles nochmal erleben und nochmal, und nochmal.

Der Elf lag vollgetrunken auf dem Ledersofa, daneben lagen leergetrunken eine Flasche Jatefu und zwei aufgerauchte Packungen Zigaretten. Nach der Phase der Wut, in der Joker den Kaffeetisch an der Wand zerschlug, viel er in ein tiefes, depressives Loch. Er fühlte sich so unsagbar leer. Mama war tot. Taresh hatte seine Mutter seit Jahren nicht mehr gesehen und dennoch war sie ihm nie wirklich fort. Er zehrte von der Mischung aus Hoffnung und Erinnerung an bessere Tage, hielt das Madonnenhafte Bild von ihr immer aufrecht, das Madonnenhafte Bild das die Cracksüchtige Realität übertünchte.

Joker ließ sein Gehör durch sein Simrig überlagern, er ertrug es nicht sich selbst weinen zu hören, er ertrug es nicht seine eigne Schwäche wahrzunehmen. Es sollte einfach nur aufhören, dieser Schmerz von dem er nicht mal wusste ob er mehr aus Trauer oder aus dem Bewusstsein des eigenen Versagens ruhte.

Unter den blutunterlaufenden Fingernägeln hatte er noch immer Erde, davon als er vor ihrem Grab zusammenbrach und seine Finger in den Boden gekrallt hatte, als könnte er sie mit genug Willen wieder hinauf zu den Lebenden ziehen, vergebens. Als es Nacht wurde, als es kalt wurde wachte er irgendwann aus seiner Trance vor dem Grab auf fuhr mit dem Autopiloten Heim, ignorierte jeglichen Kontaktversuch seiner Mitarbeiter und verschwand in seiner Wohnung um Trauer, Wut, Schmerz und Übermüdung mit Rausch abzurunden.

Es musste Mittag gewesen sein, mindestens, als Taresh endlich erwachte. Er stank und seine Nase verheimlichte ihn das nicht. Unsicher beinahe orientierungslos tapste er durch seine Wohnung bis er ein Vitamin-Instant Drink, zwei Schokocroissants, drei Kaffee, vier Kopfschmerztabletten und fünf Zigaretten später auf dem Dach seines Hauses saß. Er stank noch immer und das billige Soybier aus dem Dosensixpack neben ihm, das er grad geöffnet hatte, würde das wohl nur verschlimmern – doch zumindest roch er sich selbst kaum hier oben im frischen Berliner Mittagssmog.

Joker zerknüllte die leere Blechdose und kickte sie achtlos hinab auf die Straße. Mama war tot, er hatte versagt. Alle sterben, die Guten, die Bösen, die Ahnungslosen. Aber an einem Schuss Heroin draufgehen? Das war nicht fair, das hatte sie nicht verdient, was hat sie denn falsch gemacht außer nicht stark genug gewesen zu sein um die Trauer zu überwinden. Nichts hatte sie falsch gemacht und jetzt war sie tot, nach ein paar echt beschissenen Jahren an einer Überdosis krepiert. Es brachte nichts gut zu sein. Dann lieber sterben wie Blake, unvermittelt aus dem Leben gerissen aber Leben in vollen Zügen.

Argwöhnisch betrachtete Joker die fünf übrigen Dosen des Sixpack und die Schachte Zigaretten auf diesem. Er hatte keine Ahnung ob er stärker sein würde als seine Mutter, ob er sich nicht lieber den Segen der Betäubungsmittel hingeben würde wollen. Fuck – als wenn man so etwas bewusst entscheiden würde. Kraftlos, lies er sich wieder auf den Hosenboden fallen und verlor sich in Gedanken und Erinnerungen während auf die Skyline Berlins starrte.

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Zitat

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Der Ork tritt mit einem merkbar lauten Schritt auf das Dach und bewegt sich mit den Worten "Scheint ja ne richtig beschissene Woche für dich zu sein." auf Joker zu. Er setzt sich auf den Boden neben den Punk. Als Joker ihm in einem einzigen Satz enthüllt was ihn aufs Dach geführt hat, nickt Keiler. "Mein Beileid." Er holt eine Packung Zigaretten aus seiner Tasche, zündet sich eine an und reicht auch Joker einen frischen Glimmstängel.

Es trifft einen wohl immer am schlimmsten, wenn es Leute sind die man liebt und wenn man nicht damit rechnet...

Keiler bläst etwas Qualm in die Luft und blickt in die Ferne.

Einfach klappe halten und da sein wird wohl das beste sein... ändern kann man das was passiert ist eh nicht...

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Rest der Impression