10.12.2074, Alt Berliner Residenz, Hamburg

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„Joker….“, Johanna klang eher erschöpft als genervt, „Der Kleine wird nicht aus einer Pistolenflasche Trinken.“. Kleinlaut nuschelte Taresh, das es aber ein Revolver sei, ehe er die Plastikflasche in Schießeisenform zurück in die „Muss Joekr wieder zurückbringen“-Tüte legte. Sein Blick hellte sich jedoch schnell wieder auf als er ein schwarzen Strampler hervorhollte. Auf dem Ganzkörperanzug war im Rockertattoostyle gehaltenes Herz in dem „Mom’s little Biker“ geschrieben stand. Lady warf nur flüchtig einen Blick darauf, war eher damit beschäftigt den Sitz des Kissens in ihrem Rücken zu korrigieren, nickte dann aber, es kam auf den „Behalten wir“ Stapel.

Aus dem kleinen, braunen Ledersäckchen, das Joker nun aus den Einkäufen zog, nahm er eine feine Goldkette, dass einen einzelnen Raubtierzahn in einer Goldfassung als Anhänger trug. Johannas Blick spiegelte pures Unverständnis wieder. Der Elf ihr gegenüber räusperte sich kurz, warf einen kurzen Blick über die Schulter, zu dem türkischstämmigen Surgeling der dort stand und sagte dann so eindringlich wie möglich und mit wiederholendem Nicken in Johannas Richtung: „-Das- ist ein Talisman. – Er ist von Ali. - MIR gefällt er.“.

Die Schwangere seufzte, das Kissen in ihrem Rücken weigerte sich eine erträgliche Position ein zu nehmen, wie auch immer Taresh erwartete wohl eine Antwort: „Meinet wegen.“. Joker lächelte dankbar und warf diesen Blick dann auch nochmal über die Schulter, eh das Sortieren weiter ging. Lady war irgendwie gegen Gewehrkissen, Totenkopfschnuller und Jack-Daniels-Bettwäsche. Aber mit dem Meisten war sie dann doch einverstanden, ins besonderen den intensiveren Anschaffungen wie dem Hochrisiko Kinderbuggy, –bett und Vitalmonitor. Schützt die Lieben kleinen vor Kugeln, Feuer, nahen Explosionen und allen anderen gefahren des Alltags.

Der sonst so coole Planer und Kämpfer war paranoid-nervös geworden seit dem er wusste, dass der kleine Unfall – nein das war definitiv das falsche Wort – seit dem er wusste das der kleine Zufall ein Ergebnis produziert hatte machte er sich über Dinge wie Umweltgifte, Vorsorgeuntersuchung und Hochsicherheitskinderwagen Gedanken. Er rief Lady mindestens drei Mal am Tag an, um sich zu erkunden wie es ihr gehe, was ihr Vitalmonitor geht und ob sie denn genug Ruhe und Nutella habe. Und wenn sie nicht ranging machte er sich persönlich auf den Weg um sie persönlich zu wecken und sie persönlich zu fragen ob sie denn genug Ruhe habe. Johanna reagierte zunehmend genervter vor allen ob Taresh Unfähigkeit zu bemerken, dass er momentan beinah mehr stresste als die Schwangerschaft selbst.

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20.12.2074, Berlin, Köpenicker Forst

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Mit ruhiger Hand legte der herab gebeugte Taresh den weißen Brief an den Gedenkstein. Er hatte Yoshi von der Freske entfernen lassen, dafür war nun ein Abbild von Spitzzahn drauf zu sehen. Die untere Kante des Papierumschlags, auf dem in kratzigen, schwarzen Lettern „An Mama“ geschrieben stand, saugte sofort braunen Dreck und Nässe aus dem klammen Waldboden am Fuße des Marmorsockels. Als sich der Elf wieder aufrichtete und ausatmete bildete sich eine helle Kondenswolke vor seinem Gesicht, er sollte zurück ins warme Auto, einerlei würde es gleich dunkel werden. Mühselig zwang Joker seine breiten Lippen noch zu einem kurzem, sanften Lächeln, ehe er wie zum Abschied die Hand hob und den Waldweg zurück zur Straße stapfte wo der schwarze BMW mit laufendem Motor wartete.

Auf diesem Bogen echten Papiers, der am 22. Dezember, nachdem ihn der am 21. einsetzende Schneeregen aufgeweicht haben würde, von einer ausgesprochen zähen Berliner Kanalratte zum auspolstern des Schlafplatzes verschleppt werden würde, stand eine Nachricht, die nie jemand anderes als der Schreiber selbst gelesen haben würde:

„Hallo Mama,
ich bin mir bewusst, dass ich diese Zeilen für mich und nicht an dich schreibe. Du bist Tod und dennoch habe ich das Bedürfnis mit dir zu kommunizieren, viel stärker nun, als in der Zeit, in der du noch lebtest. Wir begreifen erst, was wir haben, wenn es uns fehlt. Du fehlst mir. Es gibt so vieles, das ich dir schenken wollte. Ein Zuhause, eine Familie, ein Enkel.

Ich werde Vater und habe keine Ahnung, wenn ich um Rat bitten sollte. Nicht, dass es sonderlich notwendig wäre. In meiner unglaublichen Angst davor, Verantwortung zu übernehmen, war das Erste, das ich tat, nachdem ich wieder klar denken konnte, das Sorgerecht, die Verantwortung ab zu treten. 648 Tausend Euro Alimente über 216 Monate verteilt – das ist viel Geld und dennoch der einfachere Weg, der Weg des geringsten Wiederstandes.

Mittlerweile verdiene ich mehr Asche in einem Monat als du in einem halben Jahr. Geld mit dem ich mir alles kaufen kann was will. Intelligenz, Bildung, Stärke, Sicherheit, Zuneigung, Sex, Freunde – alles ist Käuflich was man bezahlen kann und ich kann vieles bezahlen. Und dennoch bleibt es tief in mir drin stumpf und leer, gleich wie viele Euros ich in dieses große schwarze Loch werfe. Ich weiß nicht was diese verzehrende Leere erzeugt, ob es mein Gewissen ist, dass mir immer wieder vor Augen hält, was für ein furchtbarer Meta ich bin, ein Monster das raubt, vergewaltigt, mordet und verrät wann immer es ihm zu Gute ist oder ob es noch immer der gebrochene Teenager ist, der trotz der coolen Fassade nach Haralds Tod nur seine Mutter haben wollte, die ihn in den Arm nimmt und sagt das sie ihn liebt und immer für ihn da ist.

Du warst nicht für mich da Mama, anstatt zu deinem Sohn hast du zu Alkohol, Tabletten und Drogen gefunden und jetzt sieh was aus mir geworden ist. Ich töte Mütter und Väter, zerstöre Familien wann immer der Preiß für mich stimmt. Stolz bin ich nicht darauf, rede mir Mantra-mäßig ein, ich sei nur das Werkzeug, dass meine moralische Verantwortung nicht größer sei, als die eines Revolvers am Tod eines Erschossenen, aber das ist Selbstbetrug, ich bin keine Waffe, ich bin ein Schütze, ein Mörder.

Diese Erkenntnis, dieses Wissen nagt an mir. Es ist mein Schmerz, wie deiner der Verlust deines Mannes. Und wie du, so bin auch ich. Dir gleich wähle den Rausch um den Schmerz zu betäuben, nur dass dieser Junkie Unsummen verschwendet um das reale Leben zu maximieren und nicht das Letzte, was er hat, zusammenkratzt für die Illusion des schmerzlosen. So schließt sich dann wohl der Kreis: Ich töte, stehle und betrüge um das Luxusleben zu finanzieren, dass ich führen muss, um den Schmerz zu ertragen, den ich erleide weil töte, stehle und betrüge. Du hast mir nie beigebracht, wie man mit Schmerz und Trauer umgeht, mir nur die Flucht in die Betäubung und Ektase gezeigt. Das Kind eines Junkies kann selbst nur ein Junkie werden.

Vielleicht habe ich auch deswegen Angst davor Vater zu sein. Angst davor, dass mein Sohn so wird wie ich, noch ein Junkie in unserer großartigen Familie. Wo wir bei großartiger Familie sind, ich bin mit der Mutter nicht zusammen, auch wenn ich sie gut kenne, so war es was Einmaliges. Ein Schuss ein Treffer, wenigstens werde ich meinem Ruf auch im Bett gerecht. Aber statt Verantwortung zu tragen und zumindest zu versuchen eine stabile Familie zu simulieren vögel ich lieber meine Geliebten und was mir sonst so vor die Flinte läuft. Aber wenigstens wird Dante wissen wer sein Vater war und nicht immer wieder irgendwelche Ausflüchte hören. Wäre es wirklich so schwer gewesen mir einmal die Wahrheit zu sagen und mir zu Erzählen wer mein Vater war?

Jetzt bin ich wütend auf dich, dabei vermiss ich dich so sehr. Mehr als alle anderen. Du hast viel falsch gemacht Mama, aber mich immer geliebt, das weiß ich und erwidere ich auch. Vielleicht sollte ich das von dir lernen, meinen Sohn zu lieben.

Danke Mama,
Taresh.

p.S.: Berlin ist übrigens explodiert, Viktor ist tot, ich liebe Ali und Yoshi gleichermaßen, lebe jetzt in Hamburg sowie in Fürstenwalde und das Wetter ist schweiße nasskaltmatschregenschnee.“

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24.12.2074 Fürstenwalde, Johannes Schlafzimmer

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Mit einem leichten Klopfen auf den breiten Rand des massiven Glasaschenbechers schlug Taresh ein Daumnagelgroßen Ascheblock von seiner handgedrehten Magnumzigarre ab. Das Schlafzimmer war erhellt, nur von dem knisterndem Feuer im Kamin, einer Hand voll Kerzen und den kleinen, bunten LEDs überall auf dem sehr echt wirkenden Weihnachtsbaum. Es war vielleicht alles etwas zu Klischeehaft, inmitten von Tannengarlanden, Schwibbögen und Adventskranz saß Joker in seinem Sessel. Die schweren schwarzen Stiefel, die knallrote Jeans, die rote Samtjacke mit dem klassischen weißen Bausch offen über dem trainierten Oberkörper und die Reitgerte als Rute ruhig in der Hand fehlte ihm nur die passende Zipfelmütze. Nicht, dass Yoshi diese nicht auch besorgt hatte, aber sie war dem Straßensamurai dann doch zu albern.

Seine breiten Lippen legten sich wieder an das kalte Ende der Tabakrolle, er füllte seine Wangen mit warmen Rauch, zog Leicht und lies den Qualm dann wieder aus den Mund quellen. Weiches Leder legte sich in seinen Nacken, als er den Kopf zurücklehnte um sich im Schattenspiel der unzähligen Lichter an der Decke zu verlieren. Ob Lady wohl schon eingezogen wäre? Der Wohnungsschlüssel zu Weihnachten war nun keine große Überraschung, es ließ sich schwer verheimlichen, dass er die leeren Räume des Autohofs zu einer modernen, kleinkindgerechten Wohnung ausgebaut hatte. Aber er hatte sich wirklich Mühe gegeben, natürlich wurde das meiste von Profis gemacht, Dantes Kinderzimmer in Knall-Klecks Bund zu dekorieren hatte er sich aber nicht nehmen lassen. Das Ergebnis war objektiv betrachtet bestenfalls als „kreativ“ zu bezeichnen, Joker war aber wenig objektiv und äußerst stolz.

Panda hatte er einen roten Papierumschlag hinterlassen mit einer, zu Pandas Wohl nicht selbst gestalteten, Grußkarte und dem Gutscheincode für eine Jahreskarte des Hamburger Zoos & Aquarium geschenkt. Joker konnte sich nicht vorstellen, dass der alte Mann den Umgang mit Tieren all die Jahre nur aus reinen Tarngründen gepflegt hatte.

Seine Chummer würde er erst nach dem aktuellen Auftrag beschenken, keine sentimentalen Ablenkungen währenddessen. Für Kitty hatte er mit Alis Hilfe ein Goldmedaillon ausgesucht, dessen Gravur einen Husky zeigte und in dessen inneren ein altes Foto aus den Punkzeiten von Joker und Kitty. Polly würde ein Steakhousegutschein und ein sehr buntes, Trollfingergeeignetes Buch bekommen: „Ich bin außergewöhnlich toll!“ – eine Kindergeschichte für Junge Surglinge, die ihnen helfen soll mit ihren Mutationen zu leben. Für den anderen Surgeling in einer Klappkarte auf deren Vorderseite weiße Kaninchen in Weihnachtsmann Kostüme gezwungen wurden eine Jahresmitgliedschaft in einem SURGE- und Trollfreundlichem Hamburger Fitnessstudio, dazu handschriftlich in die Karte geschrieben: Ich hoffe, dass das Studio nicht explodiert.

In edlen Antikholzimitat für Keiler eine Schachtel nicht imitierter Havannas , zusammen mit einer kleinen Silberdose gestopft voll mit getrocknetem Hanf. Dazu eine kitschige Postkarte: „Dont Drink& Drive – Take trugs and fly!“. Jane schließlich bekam eine Plüschnachbildung ihrer Matrixpersona, eine fünfzig Zentimeter hohe Handarbeit. Nicht das Joker die Spinne jemals bewusst wahrgenommen hätte, aber Lady war eine wunderbare Ideen und Vorlagenbeschafferin.

Weniger persönlich waren da die vier Pakete: Gute Flasche Wein, teure Pralinen und Edelrestaurantgutschein für zwei Personen. Diese gingen an den Manager von Tareshs Clubs und seine drei wichtigen Studienkollegen Rebecca, Ulrich und Robert.

Das leise Seufzen in einen Knebel hinein riss ihn aus seinem geistig gefüllten Weihnachtssack. Er blickte vor sich auf den Boden wo seine Geschenke vor dem Kamin lagen. Karamell und Marmor, verpackt in nichts als festem Geschenkband. Seine Zigarre war inzwischen erloschen und vorsichtig legte er sie an den Massivascher. Zeit für Bescherung.

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Paris, 01.012075 00:01

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Laut schallte ein heiterer Sprachmix, fröhlich wünschten sich die Metas in einem chaotischen Stimmgewirr ein frohes, neues Jahr. Die Nacht war erhellt von tausenden bunten Flackern über einem Meer aus orangem Straßenlichtern. Doch Joker nahm nur den Geruch von verbranntem Schwarzpulver wahr, hörte das ununterbrochene Knallen aus tausend Richtungen. Seine in feinen Lammleder gehüllten Finger krallten sich um das kalte Eisengeländer des Eifelturms. Der Blick starrte Leer in die Ferne während die taktische Software in seinem Headwarekommlink verrücktspielte und das künstlichen Auge mit einer Flut von Warnhinweisen überschwemmte.

In der Erinnerung des Straßensamurais manifestierten sich die brutalsten Feuergefechte die er mitbestritten hatte. Wie Joker die Bordsteinschwalben ausradierte, wie die Red Samurai mit schwerem Gerät auf das Rattennest zumarschiert waren und sie sich anschließend durch die Ghulverseuchte Kanalisation flohen oder wie sie sich aus der Proteusakrologie rausschossen. Man müsste meinen, dass sich ein Profikiller irgendwann daran gewöhnt, erst der laute Knall, der Geruch von Schießpulver und dann ein Meta der tot zusammensackt. Das schlimmste ist dann der Geruch des geronnenen Blutes, des verbrannten Fleischs. Der Elf bildete sich ein, es gäbe einen ganz bestimmten Geruch, nach dem alle Erschossenen rochen, der Geruch des Todes. Diese nächtliche Mischung der Pariser Luft, aus Smog, Schwarzpulver, und dem nahem Grillstand kam diesem Geruch ekelerregend nahe.

Es war so einfach einen Schießbefehl an ein Smartlink zu denken oder den kleinen Abzug zu ziehen. Es war viel zu einfach, doch niemand konnte einem bewusst machen, welche Verantwortung damit auf sich nahm, welche Konsequenzen es hatte. Mord war immer die Wahl der Verzweifelten und Ohnmächtigen, derer die sich keiner anderen Lösung ihrer Probleme bewusst waren. Wie viele Väter hatte Joker erschossen? Er wollte es nicht wissen, doch konnte sich nicht dagegen währen in seiner Vorstellung die hoffnungslos trauernden Augen eines Kindes zu sehen, dessen guter Vater nie etwas Falsches tat, der einfach nur zur falschen Schicht eingeteilt war und auf die Runner traf die erst schossen und dann nachdachten. Es gab keine Rechtfertigung dafür diese Familie aus Verzweiflung, aus Unfähigkeit zu zerstören.

Gleichzeitig rechts und links hakten sich zwei junge, gutaussehende Elfen in Jokers arme, berühten mit ihren sanften Lippen seine rauen Wangen. Unweigerlich schmunzelte er, als diese liebevoll, verführerische Geste seiner geliebten Jungs ihn aus den Gedanken riss. Kein braver Sicherheitsmann der nie etwas Falsches tat hatte solch ein Leben. Die sechste Welt kannte nur zwei Arten von Metas, Gewinner und Verlierer. Joker würde sich nicht selbst die Ketten der Moral anlegen mit der Gewinner Verlierer klein und schwach halten. Das Leben eines Gewinners, nicht nur weil dieses Leben mehr Spaß macht, sondern auch weil Dante nichts anderes als das Beste von Allem verdiente. Scheiß auf die Verlier, auf die Schwachen und Idioten, Taresh Wertheim würde sich und seine Familie nicht von Moralischen Ketten, von Schwächlingen oder Versagern aufhalten lassen. Erfolg hatte seinen Preis, und der Elf war mehr als bereit ihn zu bezahlen.

Die Hände des Straßensamurais glitten die Rücken der ihn flankierenden Elfen hinab bis sie auf deren Hintern ruhten, sacht aber bestimmend zog er sie näher an sich. Er hatte die Sensibilität seiner taktischen Software runterreguliert. Und warf ein schelmischen Grinsen von Ali zu Yoshi: „Frohes Neues. – Und jetzt Champanger auf der Champs-Élysées?.“

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01.03.2075, Berlin Eiswerder

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Wütende Schreie und hochfahrende Rotoren störten rüde die morgendliche Ruhe: „Joker – ufff – verdammt Joker – uff nein!“. Johanna stöhnte und schwitze, hätte sie geahnt dass die Wehen nach einer Woche Verspätung so schnell und heftig einsetzen würden, hätte sie Taresh nie zugestimmt. Aber der schien unbeirrbar, schob sie auf der Liege direkt zu dem Helikopter dessen Rotorblätter bereits kreisten. Nochmals wiederholte der Elf, was er seit fast vier Wochen Mantra mäßig Lady eintrichterte: „Dante wird Berliner, komme was wolle!“, schrie dabei schon fast um die Flugmaschine zu übertönen.

Unpassend unsanft stieß Joker die Schwangere auf der Liege in den Helikopter, die daraufhin aufstöhne, ihre Hand zur Faust ballte und ausholte dem Elf die Schulter zu schlagen: „Pass auf du Ar… Ahh verdammt!“, Lady rieb sich die Kante Ihrer Hand: „Trägst …uff… verdammt Taresh das ist keiner von – aw – deinen Runs – Verdammt warum trägst du eine Rüstung!“. Der Straßensamurai schien sie zu ignorieren, griff nach dem dünnen Handgelenk Alis um ihn in den Heli zu ziehen und spannte sich selbst dann das Headset über den Kopf.

Mit einem Zeigefinger klopfte er zweimal zum Test auf das kleine Runde Mikro: „Keiler, go go go! – Stop! Stop! Stooop!“. Gerade als Joker die Schiebetür zuziehen wollte sah er eine kräftige Orkin in Arbeitskleidung auf sie zustürmen. Er winkte Jane zu sich, als wenn sie den lauten, blinkenden Helikopter in der Morgendämmerung hätte irgendwie übersehen können. Als die Kampfdeckerin neben ihn gehechtet war stieß er die Tür schließlich zu und gab Keiler wieder das Go.

Der ehemalige BuMoNa Helikopter erhob sich auf das Kommando hin majestätisch sanft in Höhe, ging in eine sanfte Drehung und nach wenigen Metern in eine Steillage um Zügig zu beschleunigen. Während der Rest klug genug war sich an zu schnallen, hatte Joker mühe sich rechtzeitig fest zu halten als Keiler den Vogel beschleunigte. Den Flug verbrachte er damit, sich selbst zu beruhigen in dem er kläglich versuchte Lady zu beruhigen. Die gute halbe Stunde schien eine Ewigkeit, bis sie endlich direkt vor dem Eiswerder Klinikum landeten.

„Aus der Bahn!“, Joker stieß mit dem Arm die Eingangstür schwungvoll auf und zog die Liege hinter sich her. Den Punk vor sich schob er achtlos bei Seite und bugsierte Sich selbst direkt an Tresen der Schattenklinik. „Das ist ein Notfall!“, herrschte er die Empfangsschwester an: „Wir bekommen ein Baby!“. Gerade wollte die Menschin in der weißen Uniform antworten, da wurde sie von einer wütenden Hackerin in den Wehen unterbrochen: „ Du! Aw! Arschloch! ICH! Ich! Ich! bin aw! Schwanger! Ich bin Schwanger! Aw – nicht du Arsch!“.

Die Schwester am Empfang schien weitaus erfahrender als ihre Kundschaft. Ein kurzes Telefonat später schoben zwei Pfleger die weiter keuchende Johanna weg während die Empfangsschwester Joker ein kleines Becherchen mit den Worten „Ihr Begrüßungsschnaps“ in die Hand drückte. Der werdende Vater stürzte das zähe Zeug herab schüttelte sich kurz und meine leiser werdend: „Boah… hu … euer Schnaps ist …scheiße.“, dann kippte er Kerzengerade nach hinten um.

Keilers flache Hand auf der Wange riss Joker wieder aus seinem Koma: „Wach auch Joker – es ist so weit.“ Noch benommen führte der Ork Tarsh in den Operationsraum. Das plärrende Schreien des blutverschmierten Säuglings in den Armen war das schönste was der Elf jemals gehört hatte. Plötzlich war er wieder ganz klar, eine Schwester wollte ihm eine Schere reichen, stattdessen zog er sein Kampfmesser aus dem Mantel Hervor und schnitt die Nabelschnurr durch noch ehe das Raunen durch den OP verklungen war.

Als er den kleinen Wurm dann selbst in die Hände nahm, in sein zerknautschtes Gesicht sah, die kleinen spitzen Ohren sah und sich an Johannas Bett setzte um ihn dann vorsichtig in ihre Arme zu geben, da hätte Nichts schöner sein können. Alles war gut.

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Fürstenwalde, Marktplatz, 30.03.2075

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„Mein Patensohn.“, Johannes Braun ratterte stolz Geburtsgewicht, Größe und Wehendauer herunter, ganz als wäre es sein eigener Sohn gewesen, so kommentierten es zumindest seine Nachbarn, die er im Park spazieren traf. Nein an eigene Kinder habe man noch nicht gedacht, er und sein Partner, so sagte der Börsenmakler seien noch nicht bereit dafür.
Der kleine Dante empfand die Decke in der er lag als Weich, man konnte sie nicht essen. Wer die Person war, die ihn durch die Gegen schob, wusste er nicht. Wie Mama roch sie nicht, dennoch vertraut.

Lange hatte Joker überlegt, ob es klug war den Kleinen mit nach Fürstenwalde zu bringen. Nicht nur, dass Johanna sich vermutlich tierisch aufregen würde, darüber das Dantes Vater kurz nach dem Start aus Hamburg einen hochpotenten Störsender einschaltete und nicht vorhatte ihn abzuschalten bevor er wieder in Hamburg wäre, sondern auch weil er für den Säugling weder eine passende Fake-SIN noch eine Gesichtsmaske hatte. Aber für Neugeborene waren weder die Kontrollen noch die Gesichtserkennung besonders streng. Außerdem hatte er es Yoshi versprochen, der sofort vernarrt in die Schrei-, Fress- und Kackmaschine schien. Was den Vorteil hatte, das er wieder drei Nächte ausschlafen konnte.

Wie lange das so funktionieren konnte, dass er klein Dante in das Leben von Johannes Braun entführte, wusste Joker nicht, spätestens wenn er anfing Fragen zu stellen würde es Probleme bereiten. Auf der anderen Seite wollte er auch nicht weniger Zeit mit Yoshi verbringen, der sich schon jetzt allein mit Haushüten und einer unregelmäßigen Wochenendbeziehung langweilte. Und dann war da noch Ali, seine Firmen, die Schatten, sein Studium – Taresh wusste, dass das langfristig zu viel wurde. Aber es brachte nichts sich über das übermorgen Gedanken zu machen. Es gab viel näherliegende Herausforderungen, denen er sich widmen musste.

ZoneZero war eines davon. Auf der Haben Seite stand, dass mit der Professionalisierung des Teams ein Leben Außerhalb der Schatten kam, ohne die ständig schwelende Bedrohung von einem HRT des letzten Konzerns dem man auf die Eier gegangen war gegeekt zu werden. Vielleich wäre es in ein paar Jahren sogar soweit, dass sich Joker ganz von seinen falschen Ichs verabschieden konnte, wenn genug Gras über frühere Dinge gewachsen wäre, dann könnte er vielleicht auch Yoshi nach Hamburg holen und zusammen mit Ali, Dante und Johanna ein Schönes Penthouse am Elbuferbeziehen – man darf ja wohl noch träumen dürfen.

Aber die Söldnerfirmer versprach nicht Chancen allein. GoGangern, Streifenpolizisten und Büroanlagen waren eine Sache – Warlords, Marinecorps und Militärbasen eine vollkommen andere. Sie würden in eine Liga einsteigen, in der erst geschossen werden würde, scharf, und nie gefragt. Schluss mit Kindergarten, Herausreden und Nonmortal. Aber Joker fürchtete den Krieg nicht, wie konnte es schlimmer noch sein als Berlin oder GeMiKo, je mehr studierte je mehr Angst hatte er vor der Steuer und dem Rechtsystem der NEEC, das zwar Korrupt und korrumpiert, aber alles andere als Zahnlos war. Er wollte nicht in Big Willy landen, erst recht nicht weil er den Staat zu wenig an seinen Einnahmen aus „Freiberuflichkeit“ beteiligt hatte.

Mehr Magenschmerzen als jedes Kriegsszenario, in das es sie wohl hineinziehen würde machten ihn seine Chummer. Keiler und Polly hatten militärische Einsatz Erfahrung, aber der Rest? Gut sie hatten allesamt Berlin überlebt, aber sich aus der Scheiße hinaus zu graben oder mit Anlauf in sie hinein zu springen war ein großer Unterschied. Hasi würde es wohl schon irgendwie wegstecken wie er alles Kommentar und emotionslos wegsteckte. Um Ali würde Joker sich schon Kümmern. Die neuen, Jack und Jane konnte er schwer einschätzen, sicherer war sich Joker hingegen, dass Kitty an ihre Grenze stoßen würde wenn ZoneZero erst einmal im Kriegsgebiet gelandet war. Dann gab es zwei Möglichkeiten, entweder sie streift das naive Prinzesschen endlich einmal ab oder sie würde daran zerbrechen.

Ein zum Kontext des gesagten viel zu entzückt klingender Yoshi riss Taresh schließlich wieder aus den Gedanken: „Uhhh das Stinkt aber, da brauch wohl jemand ein neues Höschen!“. Zeit Nach Hause zu gehen, zumindest in ein Zuhause.

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Matrix, SM-Boys ADL Webportal, Privat Chat, Eine Woche vor Somalia

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hey
Hallo Meister!
Ich hab ne gute und ne schlechte Nachricht.
ok?
Die Gute: Ich bin auf der Autobahn, laut Nav. in 76 mins zuhause.
YAY!
Wir brauchen Milch!
Bitte…
*+Meister!
Ist Bello bei euch? Und der Kleine?
Hallo? Meister?
?
Sry. Bullen haben grad dran gehang – Ja Bello ist bei mir, nein der Kleine nicht.
@1: @2:
Meister, was ist die schlechte Nachricht?
Ich bin nach diesem WE 4 Wochen weg, arbeit.
((
Warum so lange?
*+Meister?
Ausland.
Oh Wo? Bringt ihr mir was mit Meister?
Klar – ich erzähl dir später mehr.
Noch was außer Milch?
Wir haben nur Krillfleisch, vielleicht noch etwas das für meinen Herrn angemessen ist?
Ich schau mal.
Nav. sagt noch 62mins, bis später Kleiner.
Bis gleich Meister!

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Jokers Wohncontainer, die Nacht danach.

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Das leise Schleifen von Metall in der Stille des schwer gepanzerten Wohncontainers. Joker schob langsam und bedächtig die großen Hochleistungspatronen in die Trommel des schweren Revolvers. Jede leere Kammer stand für einen Toten. Es war seltsam, wie der Stempel von Krieg und Terror aus einem Mord ein Ausschalten, aus einem Kriminellen einen Söldner macht.

Man feuert ein kleines Stück Metall in den Kopf eines Metamenschen, der daraufhin einen wesentlichen Teil seines Gehirns verliert und leblos zusammensackt. In einem Moment ist es ein grausames Verbrechen, im nächsten ein gewinnbringender Auftrag und plötzlich eine glorreiche Heldentat. Die Moral der sechsten Welt war so labil wie ein altes Krill-Würstchen, aber Nuyen waren die Currysoße, die es möglich machte den wabbeligen Brocken dennoch runter zu würgen. Es Klickte laut als Taresh die Stahltrommel wieder in den Revolver einrasten ließ und diesen zu den drei anderen frisch de- und remontieren schweren Schießeisen auf seinen Schreibtisch legte. Der Elf griff nach dem Glimmstängel der auf Bereitschaft im Ascher ruhte, zog langsam an der Zigarette während seine Augen zufrieden über die wie Schmuckstücke glänzenden Waffen glitten. Hier war das Töten kein Mord, hier war es Handwerk, eines das Joker nur zu gut beherrschte.

Profihandwerker, dass sollte Taresh auf seine nächste Steuererklärung schreiben. Fünf Tote Terroristen: macht Zehntausend Euro zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Warmer Rauch erfüllte die Lungen des Profimörders, warmer Rauch der bitter schmeckte. Joker drückte die Zigarette aus, dabei war sie gerade einmal halb geraucht. Er hasste das Töten, ganz gleich unter welchem rechtlichen Status, es war falsch. Ob nun Gott, Allah, Buddah oder wer immer auch da rumhängt, auf die Frage, ob er gesündigt hatte, konnte er wohl kaum antworten: Ich hab fast all meine Morde versteuert. Doch solche Fragen waren belanglos. Du sollst nicht töten, Joker hatte dieses urheilige, grundethische Gesetz schon gebrochen, wenn es eine Hölle gibt, dann stand er schon auf der Gästeliste, warum also jetzt damit aufhören. Die Reinheit seiner Seele hatte er schon weggeworfen, erschossen, vergewaltigt und drauf gepisst und zwar in dieser Reinfolge. Kein Lebenswandel würde diesen Berg der Schuld wieder abtragen können.

Es würde ihm nicht helfen sich zu ändern, dabei war es wohl genau der Punkt. Taresh dachte immer nur daran, was ihm selbst helfen würde. Moralisch, ethisch, „Gut“ wäre es doch endlich mal anzufangen, darüber nach zu denken was anderen Hilft.

Gott wie Weinerlich! Joker sprang beinahe auf und stürmte ein Abteil weiter in die Wohnküche seines mobilen Heims. Noch bevor die Nachtbeleuchtung gänzlich angesprungen war hatte er schon die frostige Vodkaflasche aus dem Eisschrank gefischt und sich das kalte, widerliche Zeug die Kehle hinunter gestürzt. Er legte sich einige Tropfen von den breiten Lippen und verfluchte sich selbst. Warum verfiel er eigentlich immer wieder in diese weinerliche, pseudomoralische Melancholie. Das da draußen war sein Job und den hatte er gefälligst zu erledigen.

~
Er hasste es allein aufzuwachen. Er hasste es aufzuwachen, wenn er noch so müde war. Er hasste es aufzuwachen, mit dem Gefühl verloren zu sein. Nicht genau zu wissen wo er war und wo er hingehört. Zu oft war er so aufgewacht, als die Antwort auf beide Fragen nur Nirgendwo hieß. Zu oft um keine Angst vor dem Allein sein zu haben. Sein buschiger Hundeschwanz bewegte sich wie immer völlig autonom, klemmte Schnur gerade zwischen seinen Beinen. Instinktiv griff sich der Junge Mann an den Hals, an das breite, schwarze Lederhalsband. Es erinnerte den Erwachenden, an ~ihn~, daran das er nicht allein war. Mit noch einmal kurz geschlossenen Augen atmete er tief ein, nahm ~sein~ Geruch war, roch, dass ~er~ in der Nähe war.

Mühselig kämpfte sich die schlanke Gestalt zwischen dem viel zu großen Bett und der schweren Decke heraus auf den schmalen Flur des Containers. Seine schmalen Finger glitten sanft über eine Kette von Hundezähnen die an der Innenwand hing und seine kleinen Füße suchten Halt im weichen Huskyfell auf dem Boden. Die wenigsten Metamenschen würden sechs Stahlwände als ihr vertrautes Heim bezeichnen, aber das hier war mehr sein Zuhause als alles andere wo er je geschlafen hatte. Nicht nur, dass er mit ~ihm~ hier schlief, es war auch seine Domäne, sein Reich er war mit dem Ort im Einklang, es fühlte sich richtig an hier zu sein. Fürstenwalde war schön, ja, aber bei weitem nicht dasselbe.

Vorsichtig tapste er bis durch das Büro, auf dessen Schreibtisch vier große, glänzende Pistolen lagen. Unwillkürlich musste er daran denken, wie er sie zum ersten Mal sah und hörte, in dieser verregneten Nacht als ~er~ ihn gerettet hatte, ihn heraus aus dieser gefährlichen, einsamen Welt zog. Die Tür in den nächsten Bereich, in die Küche mit Wohnecke, stand offen.

Dort stand ~er~, erleuchtet vom fahlem automatischen Nachtlicht schenkte ~er~ ihm ein sanftes, gestelltes Lächeln: „Hey Kleiner.“. „ Hallo Meister.“, er hatte kein Problem mehr damit ihn so zu nennen. Es mag sein, dass es Elfen gab die größer, kräftiger oder schöner waren, aber er kannte keinen, der diese Ausstrahlung hatte. Selbst jetzt, wie sein Meister da an der Bar lehnte, nur die schwarze Short am Leib und die Halbvolle Vodkaflasche in der Hand, hatte er diese selbstsichere Aura, die kein Zweifel und kein Wiederwort zuließ. Taresh anmutig oder majestätisch zu nennen wäre völlig verfehlt. Er war ein Rüpel, ein Macho, laut, ungehobelt und aufbrausend. Aber trotz allem, oder gar gerade deswegen strahlte er auf Ali immer dieses gewisse: „Hey, tu was ich dir sage und dann beschütz ich dich“, aus. Der junge Schamane war sich selbst in Momenten wie diesen, indem sein Retter so offensichtlich litt sicher, Taresh war sein Mann, sein Alphatier und Meister.

Vorsichtig, langsam näherte er sich ihm, legte erst seine weichen Hände auf den flachen Bauch und dann sein rechtes Hundeohr auf die Brust des größeren Elfen. Ali spürte wie Taresh ihm mit einer Hand über den Rücken strich, sein Schwanz wedelte leicht nach links und rechts und einen Moment verharrten sie beide still. Er konnte nicht nur den wilden Schlag von Jokers Herzen hören, er konnte auch die Gedanken seines Meisters hören, wie er ständig zwischen bitterer Reue und dem eigenem Anspruch an Kontrolle und Professionalität schwankte, wie er sich selbst quälte weil er mit keiner der beiden Wege zufrieden sein würde.

Es war nicht Alis Art, dass was sie taten, Jokers Job, so weit zu analysieren. Da draußen war eine harte, kalte Welt und nur die stärksten Rudel überlebten. Das die Starken die Schwächeren jagen, Jäger und Beute, das war das natürlichste Welt, das taten Tiere, Geister und auch Menschen. Langsam schlang er seine dünnen Arme um den Hals des Straßensamurais, stellte sich auf die Zehenspitzen und legte seine schmalen Lippen auf die seines Meisters. Er mochte Jokers Geruch, weniger den des Vodkas.

Als sie sich schließlich wieder von einander lösten schien Taresh kurz, ehrlich nun, zu Lächeln. „Meister.“, begann Ali schließlich leise: „Wollt ihr wissen was ich denke?“. Joker nickte zögerlich bevor der türkischstämmige Elf weitersprach: „Ich denke was vor allem zählt ist, dass ihr euer Rudel beschützt und durch die Jagd führt und dass die, gegen die wir kämpfen, nicht bemitleidenswert sind oder nicht wussten worauf sie sich einließen, nur weil sie schwächer als wir waren.“. Der Angesprochene sah ihm ein Moment in die Augen, lächelte dann und küsste ihm die Stirn. Ohne weiter das Gesagte zu Kommentieren nahm Taresh Alis Handgelenk und drehte sich an ihm vorbei. „Komm, lass uns wieder schlafen“, meinte er noch, ehe er den Kleinen mir sich zurück zum Bett zog.

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Mittelmeer, 2.7.2075

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„Börölörk….“, in hohem Bogen verteilte Joker eine Mischugn aus Schrimps, gelben Reis, Gemüse und jeder Menge Erdbeer-Vodka-bowle über die Reeling ins offene Meer. Es war gerade mal 12 Uhr früh und dieser dämliche Kahn hörte einfach nicht auf zu schwanken. Gestern Nacht war – heftig, Ali und Yoshi kannte er ja, aber wie hießen die anderen beidne Jungs? Und wo hatte er sie eingesammelt? Noch einmal spuckte der Elf die letzten Brocken aus seinem Mund, dann hörte er Schritte hinter sich, drehte sich noch etwas benommen um. Yoshi trug bis auf sein Halsband nur ein zu großes, halbtransparent-türkises Hemd und eine zu kleine weiße Badehose, vor allem aber hielt er ein Glas in den Händen, gefüllt mit einer milchigen, sprudelnden Flüssigkeit.
Taresh griff das Glas, atmete tief durch und nahm dann einen kräftigen Schluck davon. „Danke….“, kam es ihm anschließend leise über die Lippen. Der kleinere Elf lächelte nur leicht, stellte sich auf die Zehnspitzen und legte dem größeren einen kurzen Kuss auf die Wange, bevor er ihm sanft ins Ohr hauchte: „Bitte – und übertreibt es nicht so wie haben noch 6 Tage vor uns…“. Yoshi lächelte entschuldigend als er sich wieder auf die Fußsohlen stellte, Joker grinste gespielt: „ Ach was ich Vertrag nur keine Meeresfrüchte.“.

„Zumindest nicht zugleich mit 2 Liter Erdbeerbowle, Speed, Zigarren und Ecstasy…“ Yoshi biss sich auf die Lippe noch ehe er ganz ausgesprochen hatte und schob kleinlaut schnell ein „Verzeiht Meister….“ hinter. Taresh lächelte leicht gequält, fuhr mit einer Hand kurz durch das inzwischen Wasserstoffblonde Haar mit den pinken Spitzen und leerte in vier großen Schlucken das Wunder-Sprudel-Wasser. „Schon gut…“, antwortete er schließlich und gab seinerseits den Kleineren einen Kuss auf die Lippen bevor er sich nach Ali erkundigte. „Den hab ich erstmal losgebunden, …er duscht jetzt“. „Ah hrm,…“ antwortete Joker nur knapp und fragte dann weiter: „Und meine Chummer?“. „Keiler ist mit einem Kasten Bier an dem oberen Steuer und meinte er will heute Abend bis nach Palma kommen und Jack lässt sich grad von irgend so nem heißen blonden Feger bei dem Whirlpool massieren.“.

Bedächtig nickte Joker, genoss eine Weile den Fahrtwind und wartete geduldig auf das Einsetzen des pharmazeutischen Hammers den er gerade getrunken hatte. Schließlich aber stieß er sich von der Reeling ab und nahm Yoshis Hand, zog ihn mit sich: „Komm ich will von meinem heißen blonden Feger massiert werden – und ich will Frühstück!“

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20. Juli 2075, CAS Amarillo

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Trockener Wind blies über das weitläufig ebene Gelände des Schießplatzes der Amarillo Militärbasis. Der Wetterbericht war so spannend wie das Lesen von Klopapier. Keine Veränderung in Sicht. Ein unpassendes Quietschen und Klappern von billigen Plastikrädern die gnadenlos mit zu viel Last über den staubigen Boden gezogen wurden erfüllte den sonst ungewöhnlich ruhigen Platz. ZoneZero durfte den Schießstand nutzen, zur Mittagszeit während die Rekruten aus ihren Soytrögen fraßen, zur Mittagszeit wenn diese Scheiß Sonne eigentlich viel zu hoch stand um sich überhaupt zu bewegen.

Joker gab ein merkwürdiges Bild ab. Er sah aus wie die Metamorphose eines Cowboys und eines deutschen Pauschaltouristen. Einerseits trug er traditionelle hochwertigen Wandersandalen und weißen Tennissocken, eine sandfarbene, knielange Militärhose sowie ein knallbuntes , halboffenes Hawaihemd und zog hinter sich einen Golftrolli her. Andererseits schützten ein abgegriffener Schlapphut zusammen mit einer breiten Fliegerbrille ihn vor der Sonne und um seine Hüfte lag ein Waffengurt dessen Halfter ein chromglänzender Revolver steckte.

Mit aller Gemach drückte er das kleine, spitze Podest in den Staubboden vor sich und drapierte den jungfräulichen, weiß glitzernden Golfball darauf. Er spielte mit den Fingern Bevor er einen der Schläger aus dem Trolli zog und las laut: „Fünfer Eisen.“, vor, ohne eine Ahnung zu haben, was das bedeutete. Breitbeinig stellte er sich neben den abschlagbereiten Golfball, wackelte kurz mit der Hüfte und schlug einige Male durch die Luft am Ball vorbei. Irgendwo hatte Taresh das mal gesehen, ein richtiges Feeling für das, was er tat, bekam er dennoch nicht.

Schließlich atmete er tief ein, verdammte trockene, staubiege Luft und schlug dann mit aller Wucht auf den kleinen, wehrlosen Ball, der jedoch Elegant antäuschte, ausweichte, gestreift wurde und in einem kleinen Hopsen vom Podest kullerte. Der Elf blickte erst den Ball an und sich dann um. Das war der Grund warum er es allein ausprobieren Wollte. Obgleich ihn niemand gesehen zu haben schien räusperte er sich kurz, griff den Ball und platzierte ihn erneut.

Etliche Versuche und einige Bälle später hatte er es Zumindest raus, die kleinen weißen Kugeln hoch und weit fliegen zu lassen, mehr wollte er auch nicht. Wieder legte er einen der neuen Bälle auf das Abschlagpodest, holte aus und katapultierte ihn mit viel Schwung in die Höhe. Noch bevor der Ball den Scheitelpunkt erreicht hatte, war der Schläger fallengelassen und blitzschnell zog Joker die Chromglänzende Ruger aus dem Halfter. Lautes Donnern zerstörte jegliche ruhige Atmosphäre und einen Wimpernschlag später zerplatze der Hilflos fliegende Golfball in kleine, weiße Plastiksplitter die in der Sonne funkelnd zu Boden vielen. Zumindest Treffen konnte Joker besser als Abschlagen.

Das war genau das, was er jetzt brauchte. Dieses warten war die reinste Hölle geworden. Klar er konnte viel Lernen und sein kleines Vermögen auch von hier aus verwalten, aber die ganze Freizeit mit den Chummern und CAS Soldaten zusammen ging ihm schon auf die Nerven. Jane war die ganze Zeit in der Matrix, Hasie ein Psycho, Polly und Jack Hitzekrank, Keiler ständig bei den Militärfahrzeugen und ihren Piloten und Kitty wenn sie da war um nicht im Tank zu schwimmen irgendwie distanziert und schräg drauf. Nicht mal sein Container war hier und der Heimaturlaub – Yoshi und Dante sehen – stand noch aus. Ohne Ali wäre er schon längst durchgedreht. Aber das – das hier war genau die Abwechslung die er brauchte.

Wieder ging ein Ball in Splitter auf, Funktionierte so eigentlich Combat-Golf? Egal es war geil. Eines aber fehlte noch, mit dem Headwarekommlink rief er Ali an: „Hey Kleiner.“, „Hallo.“, kam es etwas dösig zurück. „Ali ich bin auf dem Schießplatz, bring mir mal ein Vodka-E vorbei.“, der angesprochene reagierte mit kurzem Schweigen ehe er zögerlich antwortete: „Meister…. es ist…. Mittag.“. Kurz überlegte Joker, musste dann aber zustimmen: „Ja – du hast recht, dann ein Vodka-E und ein Clubsandwitch.“.

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21.06.2075 Alt Berliner Residenz, Hamburg

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„Big Bang also?“, das Sturmfeuerzeug in den langen Fingern des Elfen rauschte leise als es aufsprang und die schmale Zigarre zwischen Jokers breiten Lippen entzündete.
Johanna Lehnte an der Wand des Gewerbehofs, sie hatte Taresh verboten in der Wohnung zu rauchen: „Nur Bang.“.
„Ich hab ihn nur einmal getroffen, er schien harmlos - Was weißt du über ihn?“, Joker vermied es ihr in die Augen zu sehen, er beobachtete die eintreffende Kundschaft an diesem jungen Abend.
Ruhig, fast stenographisch zählte die Hackerin auf, was ihr bekannt war: „Das er in den Schatten aktiv ist. Teilweise mit unzuverlässigen Leuten zusammenarbeitet. Unter heftigen Stimmungsschwankungen zu leiden scheint, einen Streetdoc niederschoss, untertauchte und jetzt wahrscheinlich in Berlin ist.“.
Langsam quoll schwerer Rauch aus den Mund des Elfen, er beobachtete die blaugrauen Schwaden nachdenklich ehe er nachhakte: „Was weißt du über diesen Streetdoc? Irgendwelche bösen Gerüchte?“.
Leicht Kopfschüttelnd erläuterte Lady ihm, dass der Streetdoc als zuverlässig und verschwiegen galt, nicht ganz billig, aber mit gutem Ruf in den Schatten. Die Reaktion des Straßensamurais war nur nachzufragen, ob Johanna ihn aufspüren könnte.
„Ich hab jemanden dran, aber ich kann mich kaum selbst drum kümmern. Seit dem du drüben bist muss ich mich ganz allein um Dante kümmern.“, Lady sah, gespielt vorwurfsvoll zu dem Söldner, dieser sah gespielt betroffen zu Boden. Wieder zog er an der Zigarre und beobachte nachdenklich wie der Rauch langsam aus ihm glitt. Stille herrschte, nur malerisch unterlegt vom Rauschen der Autobahn und dem sinnfreiem Geschwafel angeheiterter Freier und Clubbesucher. Stille die Joker schließlich unterbrach: „Ich werd ihn ausschalten.“, es war eine ruhige, geradezu endgültige Feststellung, dennoch relativierte er nach einer kurzen Pause: „ Eigentlich, will ich nur mit ihm reden, aber ich Früchte das Gespräch wird mit einer Kugel in seinem Kopf enden.“.
Von Lady kam nur ein leichtes Kopfnicken und ihr Gesprächspartner drückte sich plötzlich von der Wand und ging in Richtung seines Strip-Clubs: „Sag mir Bescheid wenn du ihn hast, ich muss noch mit ein paar Leuten reden - wir sehen uns zum Frühstück.“.

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Anfang Juli 2075, Früstenwalde

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Der Rasen hatte eine gleichmäßige Höhe von maximal zwei Zentimeter, nicht drei, nicht zweieinhalb und noch nicht einmal zweikommaeins. Es gab eine MST Drohne deren einzige Bestimmung das schneiden des Rasens auf eine exakte Größe von zwei Zentimeter war. Sie erfüllte ihre Aufgabe sehr zuverlässig, jeden Tag zwischen zehn und elf, anschließend kehrte sie zu ihrer Dockingstation zurück und wurde dort entleert, gereinigt und gewartet. Es gab auch eine Drohne für den Fußboden des Hauses, eine für die Fenster und eine für die Wandfliesen in Bad und Küche. Die Klimaanlage des gemütlichen Hauses filterte Staub aus der Luft, so dass es kaum notwendig war diesen von den Möbeln zu wischen Selbst Kühlschrank, WC und Duschkabine waren selbstreinigend.

Herr Brauns Heim war wirklich sehr pflegeleicht, es war der spießige Traum eines jeden Kleinbürgers und glich in seiner Ausstattung so ziemlich jedem anderen Haus in Fürstenwalde, mit ihren strahlend weißen Fassaden und ihren sauberen, roten Dachziegeln. Am Straßenrand standen polierte Mittelklassewagen von VW, Opel, BMW und Mercedes – in Fürstenwalde mochte man keine ausländischen Wagen, bei den Drohnen im Haus sah man da nicht so genau hin, wenn sie mal wieder im Sonderangebot waren.

Man kannte die Gefahren der Sechsten Welt fatale Kriege, böse Blutgeister und hemmungslose Shadowrunner. Jeden Abend wurden im Trid die Gefahren der Sechsten Welt publiziert. Aber diesen lauten Knall, auch noch ausgerechnet während der Mittagsruhe, hätte man nicht erwartet. Ein riesiger rotoranger Feuerball verschlang das makellose Haus von Johannes Braun und all die fein polierten Mittelklasseassessors in ihm im Bruchteil einer Sekunde. Exakt zwei Zentimeter hoher Rasen verwandelte sich in einen Flammenteppich und die MST Drohne schmalz in ihrer Ladestation zu einem kreativen Klumpen aus Plastik und Stahl.

Im Ermittlungsbericht stand, dass Johannes Braun, nachdem er mehrere Wochen keine Besuche beim Psychologen mehr wahrgenommen hatte und auch keine weiteren Antidepressiva bestellte, mit Hilfe einer großen Menge Propangas Flaschen aus dem Campingbedarf höchstwahrscheinlich Selbstmord begangen hatte.

Herr Braun litt in Folge der nuklearen Katastrophe von Berlin an schweren Depressionen, lasen die Kriminalbeamten in seinen Unterlagen von BuMoNa. Von eienr Nachberine rfuhren sie, dass er ausgesprochen Zurückgezogen lebte und seine Umgebung ihn teilweise über Wochen hinweg nicht wahrnahm, es wirkte beinahe so, erzählte sie, als ob sein Lebensgefährte beinah allein wohnte. Erschwerend hinzu kam ihrer Ansicht nach, dass eben jener Lebensgefährte sich kürzlich von ihm getrennt habe und nach Hamburg umgezogen war, wo er auch zum Zeitpunkt der Explosion sich aufhielt.

Die starke Explosion, die nicht nur das Haus zertrümmerte sondern auch mehrere Gebäude in der Straße teilweise stark beschädigte, hat von der Leiche von Johannes Braun nur wenige Fragmente übrig gelassen. Im Zuge der nuklearen Katastrophe von Berlin waren leider keine DNA Spuren von Herrn Braun gespeichert, so dass sein ehemaliger Lebensgefährte ihn anhand von Schmuckstücken identifizieren musste.

Johannes Braun lebte von Gewinnausschüttungen des German Capital Trust, einer Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Sitz in Zürich. Da er keinen Erben hat fallen seine Anteile an den einzigen anderen Anteilseigner der den Ermittlungsbehörden der ADL nach Schweizer Recht nicht genannt wurde. Dieser andere Anteilseigner ist die Virgil lmtd. Eine haftungsbeschränkte Gesellschaft mit Sitz in Shanghai, eine hundert prozentige Tochter der Hamburger Wertheim Investment Gesellschaft mbH.

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22.10.2075, Neo-Tokio, Kabukicho

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Das Kauderwelsch, dass der größte von den alle Vier nicht großen Japanern von sich gab, klang ein wenig, als hätte eine Katze auf Helium durch einen Ventilator gesprochen, Joker vermutete das es Japanisch war. Er war zu geizig gewesen für einen Wochenendtrip eine neue Linguasoft zu ziehen. Aber völlig unabhängig von der Frage welche Sprache es war, es klang alles andere als freundlich. Dieser Eindruck wurde insbesondere durch die Machete verstärkt, die er hin und her schwang. Instinktiv griff Joker an seine Hüfte um dort keinen Revolver vorzufinden, er verfluchte innerlich das rigide japanische Waffenrecht und machte einen Schritt zurück, drängte dabei mit seinen Arm Ali hinter sich.

Immer wieder zeigten die Vier Schlitzaugen auf den Surgling in äußert brachialen Gesten, sie schienen nicht ganz mit seinem Aussehen einverstanden und in ihrem offensichtlich Alkoholisiertem Zustand auch Willens gewisse Grenzen zu überschreiten. Apros Alkohol – Über sein Headware-Kommlink gab Joker den Naniten in seinem Blut den Befehl etwas gegen das Ethanol in seinem Blut zu tun, drei Atemzüge später fühlte er Erstaunlich weniger Beschwinkt und als er merkte wie sein Blick sich fokuszierte und alles um ihn herum langsamer abzulaufen schien, wusste er auch das Ali ihn mit seiner Magie gestärkt hatte.

Joker machte einen plötzlich und blitzschnell einen kräftigen Satz nach vorn und ging zugleich in die Knie. Der Straßensamurai stieß seine Hand hinauf gegen den Griff der Machete und diesen so samt der Hand die sie hielt mitten in das Gesicht des japanischen Gangers. Noch ehe dieser ganz realisiert hatte was los war entriss ihm der Elf seien Machete mit der rechten und schlug ihn zugleich mit der linken in den Magen. Als der Überrumpelte keuchend zu Boden ging sprang der nun bewaffnetet Straßensamurai wieder auf. Vom Kampfrausch gepackt verlor Joker das Maß für Zeit und den nötigem Grad an Gewalt. Um ihn herum gingen die Japaner als blutiges Elend einer nach dem anderen zu Boden, es war ihr zweifelhaftes Glück das Taresh intuitiv entscheiden Hatte, nur den Knauf der Machete einzusetzen und sie nicht um ihre Gliedmaßen zu erleichtern.

Der Elf war gerade dabei mit einigen Tritten in die Magengrube der inzwischen wehrlosen Ganger zu verteilen, um sicherzustellen, dass sie brav in ihren Blutlachen liegen blieben als das laute Aufheulen von Polizeisirenen aus beiden Richtungen der Gasse seien Aufmerksamkeit von den Kriminellen abzog. Die Häuserschlucht war erhellt vom blau, weiß, rotem Aufblitzen der Signallichter auf den Fahrzeugen der Gesetzeshüter. Schonwieder schallte wütendes Japanisch durch die Gasse, diesmal kam es über die Lautsprecher, aber Joker hatte nur eine ungefähre Ahnung was die Herren, die ihn gerade gezielt mit ihren Scheinwerfern blendeten von ihm wollten.

„Hey, hey! Calm down boys!“, Taresh hob beschwichtigend die Hände, vielleicht hätte er die blutige Machete vorher fallen lassen sollen. Es knallte Laut, drei, vier Mal, dann durchfuhr ein starkes Kribbeln und Zucken den Körper des Straßensamurais. So fühlte es sich also an geshockert zu werden ging Joker noch durch den Kopf als er auf die Knie sank, dann traf ihn das dritte Batteriepaket.

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22.10.2075, Neo-Tokio, Kabukicho

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Autsch, Joker wachte auf als er während eines scharfen Bremsmanövers mit den Kopf gegen die Trennwand des Polizeiwagens stieß. Sein Schädel dröhnte als würde jemand ihn als Drumbase verwenden, er merkte jede Unebenheit in der Straße und sein Blick hing leicht nach. Der versuch sich leidvoll an die Schläfe zu fassen scheiterte daran, die Hand nicht zur Stirn zu bekommen, der Elf merkte wie sich die scharfen Kanten von Kabelbinder in seine Haut schnitten – scheiß Japsen. Neben Joker hing Ali bewusstlos im Sicherheitsgurt und die daraufhin aufsteigende Wut ließ den Straßensamurai wieder Zielgerichtet denken.

Als er an sich herab sah um seine Optionen ab zu wägen, erkannte er an der Kastenförmigen Ausbeulung in seiner Hose, das sein Hauptkommlink noch immer in seiner Tasche steckte. Was für Amateure, wahrscheinlich hatten sie noch nicht einmal seine Personalien aufgenommen. Warum auch, diese Bullen gingen wahrscheinlich davon aus einfach nur ein Betrunkenen, wild gewordenen Touristen gekascht zu haben und nicht einen Toprunner im Auto zu haben. Gut so – Joker schloss die Augen, lehnte sich zurück.

„Hey Mama, hier ist der Clown, ich sitz grad gefesselt mit Ali in einem japanischen Polizeiwagen und es ist nicht teil eines abgefahrenen Sexrollenspiels. Ich schalte noch eben ein wenig Kleingeld für den alten Mann frei, er soll sich kümmern. Sei so gut und tracke und resette meine und Alis Kommlinks, ich glaub die N00bs haben unsere Daten noch nicht gecheckt.“ Drei Minuten nachdem diese Nachricht durch die Matrix flog starteten sich Jokers Kommlinks unvermittelt neu. Acht Minuten später wurden der wieder bewusstlos mimende Taresh und Ali aus dem Polizeiwagen gezerrt, damit weitere vier Minuten später der Polizeikommissar Yoko Tawaski fest stellen konnte, dass die beiden widerlichen ausländischen, missgebildeten Elfen nicht einmal SINs hatten und sperrte sie bis jemand „Zeit“ hätte ihre Identitäten zu prüfen in „Untersuchungshaft“.

Joker saß, mittlerweile um alles erleichtert, außer seiner schwarzen Jeans und seinem engem Muskelshirt in gleicher Farbe noch immer gefesselt, in einem kleinen, feuchten Kellerraum. Licht viel nur spärlich durch das vergitterte Fenster der Tür aus dem Flur herein. Sie hatten ihn sogar mit Ali zusammeneingesperrt – Amateure, wahrscheinlich wussten sie noch nicht einmal, dass er Magier war.

Egal, abwarten nun dachte sich Taresh als er sich gerade soweit es ging in der Ecke bequem machte. Doch dann fluchte er plötzlich laut auf. Ein leiderfülltes „Neeeeein Fuuuuck…“, hallte durch den Arresttrakt der Polizeistation, als der Elf registrierte, dass Lady wirklich alles gelöscht hatte, keine Pornos, keine Spiele, nicht mal mehr Musik auf dem Headwarekommlink. Hoffentlich hatte sie es gesichert, das letzte Backup war mal wieder lange überfällig gewesen. Verdammt wirklich, das wird eine lange Nacht.

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23.10.2075 04:46, Neo-Tokio, Kabukicho

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Es stimmte, das Neo-Tokio zu den Sprawls zählte, die niemals schliefen, dennoch gab es diesen zähen Moment zwischen Nacht und Morgen, zu spät für die feiernden Massen, zu früh für die arbeitenden. Trisha biss sich nervös auf der schmalen Unterlippe herum, sie wartete auf diesen Moment, sie hasste warten, was sie aber noch mehr hasste waren übers Knie gebrochene Aktionen. Ihr Team hatte viel zu wenig Informationen und viel zu wenig Zeit, aber der Johnson war ziemlich unmissverständlich, der Run sollte erledigt sein bevor die Frühschicht des NTPD ihren Dienst aufnimmt.

Es gibt keine Milkruns, das wusste Trisha, doch zwei Typen aus einer Normzelle der städtischen Streifenbullen zu extrahieren war nicht wirklich eine Herausforderung. Das einzige Problem war ihr Mangel an Vorbereitungszeit, aber das nimmt man in Kauf wenn für eine Nacht Arbeit 10 Riesen pro Kopf rausspringen.

Noch einmal atmete die junge Menschin tief durch, dann sagte sie in sich zusammen. Ihr schlaffer Körper sackte zur Seite weg, gegen den Berg an schwarzen Plastikmülltüten die achtlos neben dem Müllcontainer geworfen waren. Als sie die Fesseln des Fleisches hinter sich ließ, stieg sie zuerst hoch in die Luft und orientierte sich für einen Moment. Der Astralraum von Tokios Innenstadt war trotz all des mächtigen Feng Shui ein wirrer Wirbelsturm aus dem Nachhallen von Emotionen und Ereignissen. Trisha war dieses wirr gewöhnt, es störte sie weniger als Fremde Magier, aber angenehm würde sie es dennoch nicht nennen. Neben ihr spürte sie die Präsenz des Geistes, den sie Gerufen hatte und machte ihm in aller Höflichkeit bewusst, dass es nun los ginge.

Zielstrebig machten beide sich auf zu der Polizeistation. Natürlich war das Gebäude magisch gesichert, aber die beiden Wachgeister waren nicht gerade von der hellsten Sorte, die Schamanin wollte nicht wissen welcher Mietmagier die zusammengeschustert hatte denn beide jagten gerade dem selben von Trishas Watchern hinterher und Hüter gab es nur um scheinbar besonders wichtige Räume. Schwieriger war es die Zellen zu finden, natürlich hatte sie die Pläne vorher genau studiert, aber der Astralraum ist eben was anderes als eine fünf Jahre alte AR Karte. Doch zumindest konnte sie, nachdem sie den Bereich mit den Zellen anhand der Gefühlslage der Insassen ausmachte, ihre Zielpersonen schnell finden. Es gab weder andere Erwachte noch so weitreichend vercyberte hier. Sie versuchte sich ihre Position so gut es ging einzuprägen dann schwebte sie zwei Räume weiter und bat ihren Geist los zu legen, bevor sie schleunigst wieder ihren Körper suchte.

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23.10.2075 , Auszüge aus dem Funkprotokoll der Kaiserlichen Feuerbrigade Neo-Tokio Abschnitt IV

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4:51 - Leitstelle: Brandmeldung im Kabukicho Polizeirivier, Futshi Straße 5, Einsatzleitung durch Kaito Toyohara; Einsatzzüge 2, 3, 4 und 6 entsandt, Automatische Brandbekämpfungsanlage Offline, Augenzeugen berichten von Flammen und Starker Rauchentwicklung aus dem erstem Untergeschoss.
4:54 – Einsatzleitung: Brandmeldung bestätigt, gibt hier eine starke Rauchentwicklung, haben erstmal die Branderkundungsdrohnen entsandt, die Atemschützer rüsten sich. Ich würd ja gern die Evakuierung einleiten aber hier kann mir keiner Sagen wie viele Personen noch wo im Gebäude sind und der Sichtleiter scheint einen Schock zu haben.
4:56 – Einsatzleitung: Einer von den Cops sagt das seine Kollegen alle raus seinen, es aber 7 oder 8 Inhaftierte im zweiten Untergeschoss gibt. Können die Zellen Zentral geöffnet werden?
4:56 – Leitstelle: Negativ, Server des Polizeireviers ist Offline.
4:56 – Einsatzleitung: Komisch – Egal ich brauche 8 Rettungswagen.
4:56 – Leitstelle: 8 Rettungswagen entsandt.
4:57 – Mobiledrohnenkontrolle: Herr Toyohara? Ich habe gerade den Kontakt zu drei von vier - nein vier von vier Branderkundungsdrohnen verloren.
4:57 – Einsatzleitung: Was? Warum?
4:57 – Mobiledrohnenkontrolle: Keine Ahnung warum. Signalabriss in dichtem Rauch ohne Kontakt zur Brandquelle
4:57 – Einsatzleitung: Gut schickt die Atemschützer der Züge 2 und 3 rein zur Erkundung und gegeben falls Evakuierung.
4:57 – Mobiledrohnenkontrolle: Ohne Signal?
4:58 – Funker Zug 3: Bestätige 4 Atemschützer betreten das Gebäude
4:58 – Funker Zug 2: Bestätige ebenfalls 4 Atemschützer von uns sind Rein
4:58 - Einsatzleitung: Kann hier eigentlich keiner zählen? Da sind zehn Atemschützer rein .
4:58 – Funker Zug 2: Also wir haben nur 4 Leute rein.
4:59 – Funker Zug 3: Wir auch die müssen von einem anderen Zug sein!
4:59 – Funker Zug 6: Nö
4:59 – Funker Zug 4: Negativ
4:59 - Einsatzleitung: Funken sie ihre Leute durch!
4:59 – Funker Zug 3: Kein Kontakt….
5:00 – Funker Zug 2: uhm Ich auch nicht
5:00 – Mobiledrohnenkontrolle: Wird auch schwer ohne Signal!
5:00 – Funker Zug 2: Wie kein Signal? Sag das doch!
5:00 – Mobiledrohnenkontrolle: Hab ich doch! ZWEI MAL!
5:00 – Leitstelle: Einsatzleiter bringen sie ihre Leute in Ordnung!
5:00 – Einsatzleitung: Jawohl! – Funkdisziplin alle Züge!
5:02 – Einsatzleitung: Fünf Rettungswagen eingetroffen, Immer noch kein Kontakt rein.
5:03 - Einsatzleitung: Und noch einer…
5:03 - Einsatzleitung: Letzen drei Rettungswagen eingetroffen
5:05 - Einsatzleitung: Ersten beiden Atemschützer sind Raus mit zwei Bewusstlosen - ah und gleich die Nächsten….
5:06 - Einsatzleitung: Zehn Atemschützer wieder raus. Leitstelle? Können sie die Sanitäter bitte anweisen ihren JOB zu machen, es mussten grad zwei Verletzte von Atemschützern in den Rettungswagen getragen werden!
5:07 – Leitstelle: Ermahnung ist raus, welcher Rettungswagen war das?
5:07 – Einsatzleitung: Kennnummer HQX-139, ist grad los gefahren.
5:07 – Leitstelle: Moment.
5:08 – Leitstelle: HQX-139 ist in Osaka Stationiert!
5:08 – Einsatzleitung: Scheiße…

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