RE: Impressionen

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19.01.2015 13:55

Johanna fühlte sich nicht gut. Ihr war in letzter Zeit ständig schlecht. Doktor Pappadidis meinte, dass es wahrscheinlich der Stress sei, denn ihre Strahlenwerte sind vollkommen normal. Die Hackerin hatte auch mehr als genug zu tun. Sie hielt für Tharesh die Augen und Ohren in der Matrix offen, hielt Jakob bei Laune, behielt dabei die MET-Soldaten im Auge und machte dem Leutnant schöne Augen um ein paar Infos mehr zu bekommen. Jetzt jedoch wurde das Lager abgebaut. Und wenn dass nicht schlimm genug wäre, musste sie jetzt mit dieser modischen Entartung von Strahlenschutzumhang rumlaufen, weil ihr Fullbody nicht mehr so richtig passte.
Die Hackerin schraubte gerade an der Sattelitenschüssel ihre eingesetzten Bauteile ab, als Hauptgefreite King auf sie zu kam. "Was machen sie da?" "Ich bei meine ausgeliehenen Bauteile wieder aus." Der Gesichtsausdruck von King war nicht zu deuten, da die Gasmaske diesen besonders gut verbarg. "Und warum? Die Schüssel wird als ganzes abgebaut, gereinigt und wo anders wieder aufgebaut." "Ja, und deswegen bau ich meine Teile aus. Ich schenk doch der MET nichts. Ihr hab doch genug Geld für eigene Bauteile." Die Hauptgefreite sah ihr eine Weile lang zu. "Sie sind eine unkonventionelle Frau." Johanna wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Sie entschied sich zu schweigen. "Sollten sie mal in Hamburg sein, so können sie mich mal anrufen für ein etwas privateres Gespräch." King ging dann an ihr vorbei. Das Kommlink der Hackerin blendete ihr die Kontaktanfrage ein. Victoria King, 35 Jahre, ledig, möchte ihren Kontakten hinzugefühgt werden. Johanna ging ein Schaudern durch den Körper. Wenn sie eins und eins zusammenzählte, wusste sie jetzt warum King sie immer im Auge behielt. Mit einem Gedankenbefehl speicherte die Hackerin den Kontakt unter der Liste "Mögliche Informanten". Ob ihr die möglichen Preise der Informationen gefielen, wusste sie noch nicht so recht. Sie schob diese Gedanken beiseite und schraubte weiter an der Satellitenschüssel herum.
Abends kamen die Chummer wieder ins Lager. Sie hatten einen Typen Namens Jack mitgebracht. Wenn er ein Runner war, dann war er entweder extrem gut, oder ein Quereinsteiger, zumindest ließ dies sein optisches Alter vermuten. Kitty war aus irgendeinem Grund total durchnässt und wollte trockene Klamotten. Die Hackerin drückte ihr ein großes, weißes T-shirt in die Hand, als sie kurz rausging, um noch ihr Werkzeug aus dem Technikzelt zu holen, bevor die MET es noch beschlagnahmte. In Ladys Hinterkopf arbeitete es jedoch. Sie hörte auch Joker nur mit einem Ohr zu, als er ihr auftrug den neuen Magier zu durchleuchten. Ihr ging Kittys ständige Anfeindungen auf den Zeiger. Bisher hatte Johanna das gut ignorieren können, aber gerade war das Maß voll. Sie wusste nicht warum, aber diesmal musste sie ihr eins reinwürgen, ansonsten würde die Hackerin noch platzen. Oder den nächst besten Mann bespringen den sie finden konnte. Tharesh wäre eine Option gewesen, aber das hätte wieder zu Komplikationen geführt und Jakob fiel aufgrund seines Alters auch raus. Der Leutnant und die Soldaten hatten sie abblitzen lassen. Zu sehr mit ihrem Dienst beschäftigt. Also blieb nur ein kleiner Streich, aber was? Als sie vom Technikzelt zurückkam sah sie den Schriftzug "Jokers Stripbar-Eintritt 15 Nuyen". Sie sah sich das kurz an und grinste. Geschwind stieg sie in den Hänger des Roadtrains, quetschte sich an den Leuten vorbei die zwischen ihr und Joker standen und flüsterte ihm ins Ohr: "Soll ich noch ein Bild von Kitty draußen drauf machen?" Er flüsterte zurück: "Klar." Die beiden grinsten sich an. Nach ein paar Momenten des Wartens machte Johanna ein Bild von Kitty. Das feuchte, weiße Hemd klebte förmlich an ihrem Oberkörper. Die Hackerin lehnte sich gegen die Wand und rutschte langsam hinunter, bis sie sicher auf dem Boden saß. Sie konzentrierte sich auf ihr Komlink und tauchte in die VR-Realität ein.
Vor dem Burlesquegirl erstreckte sich ein weites Theater. Auf der Bühne schwebte das geschossene Bild. Die Zuschauerplätze waren leer, aber Platzeinweiser liefen die Gänge ab und reichten sich hin und wieder einen Brief weiter. Das Girl schritt in ihrem weinroten Kleid den Mittelgang entlang, griff dabei einem Einweiser an die Hand. Dieser verwandelte sich zu einem stilisierten Malkasten mit verschiedenen Werkzeugen, Farben, Schwämmen und was sonst der Bildbearbeiter so zum Leben brauchte. Mit einem Satz stand sie auf der Bühne. Sie musterte das Bild genau. "Mädchen, so siehst du aber gar nicht gut aus. Aber deine Lady verpasst dir eine Generalüberholung. Vielleicht kriegst du dann auch mal einen in die Kiste." Lady verwandte etwas Arbeistspeicher darauf, ihre Persona grinsen zu lassen und fing mit der Arbeit an.
Wenige Minuten später öffnete sie den Seitenausgang des Theaters. Das Bild hatte sie zusammengefaltet und in ihr Dekoltee gesteckt. Sie schritt gemütlich zum Seitenausgang hinaus. Sie folgte dem langgezogenen Gang an dessen Ende der Knoten des Roadtrains lag. Das Innere des Roadtrainknotens wirkte einfallslos. Alles war geordnet und kalt, wie von der Stange. Sie konnte Tharesh deswegen keinen Vorwurf machen, er kannte sich mit der Matrix nicht aus. Und sie selbst hatte im Moment nicht die Zeit, dass ganze auf ihr Stilempfinden umzuprogrammieren. Da sie nicht wusste, wo in diesem Knoten die Bedienelemente für die Lackierung waren, machte sie mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand einen Kreis und blickte hindurch. Ein grünes Drahtmuster erschien. Nach ein wenig umsehen fand sie das entsprechende Icon. Ein kleines Chamälion das auf einer Konsole saß. Darauf hätte sie auch selber kommen können. Sie griff in ihr Dekoltee und zog das Bild hervor. Das Chamälion reagierte nicht weiter. Lady griff nach ihm. Mit einer geschickten Handbewegung öffnete sie ihm das Maul und stopfte ihm sogleich das Bild in den vituellen Rachen. Der kleine wurde kurz größer, änderte seine Farbe, wurde wieder klein und die Nachricht erschien "Außenhaut aktuallisiert". Zufrieden loggte sich Lady aus.
Nach der Besprechung lag Johanna in ihrem Bett. Jakob schnarchte ausgelassen und hielt die Hackerin vom schlafen ab. Spitzzahn war tot. Von der Strahlenkrankheit dahin gerafft, innerhalb von Stunden. Berlin war zu einem scheiß Ort geworden. Früher war Mitte super zum shoppen und entspannen nach einem Run. Jetzt hat man dort radioaktive Strahlung, weit jenseits von gut und böse. Und gerade jetzt bekam sie ihren Fullbody nicht mehr richtig zu. Er spannt zu sehr schmerzhaft über den Bauch. Sie dachte kurz an Spitzzahn, seiner vollkommenen Unfähigkeit mit moderner Technik und seinem schleimigen Getue. Eigentlich war es nicht schade um den Kerl. Irgendwas an ihm war immer unheimlich, als ob er immer irgendetwas im Schilde führte. Die Hackerin wollte nicht mehr über ihn nachdenken und erst recht nicht das Geschnarche von Jakob weiter ertragen. Mit einem Gedankenbefehl, ließ sie sich ein Album von Magdalena Freiheit einspielen. In ihren Liedern war die Welt noch in Ordnung. Mit diesen Gedanken schlummerte Lady langsam ein.

Das Wort ist vergleichbar mit dem Schwert. Beides kann verletzen und beides kann die besch�tzen, die man liebt.

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