Theme: Nine Inch Nails - Right Where It Belongs v2
Um in Charakter zu kommen: Materia - Bengalische Tiger

Name: "Draco" Deniz Naki
Schattename: Raven
Rasse: Elf
Alter: ~18 (vermutlich Anfang November 2055 geboren)
Geschlecht: männlich
Größe: 1,85 m
Statur: sportlich-athletisch
Haarfarbe: schwarze Federn
Frisur: schwarzer Federbausch, könnte auf Entfernung als mittellanger, ungepflegter Haarschnitt durchgehen
Augenfarbe: blau
Klasse: Adept, spezialisiert auf Fortbewegung zu Fuß

Beschreibung:

Jugendlicher Elf, mitteleuropäische Gesichtszüge, leicht gebräunter Teint. Schwarze Federn anstatt des Haupthaars als Hauptmerkmal, oft mitsamt Ohren unter Piratentuch versteckt. Bevorzugt bequeme Sportkleidung, meist schwarzweiß und etwas abgetragen. Nicht selten mit Kurierrucksack und Powerboard anzutreffen. Trägt in F-Gebiet meist eine Schwertlanze mit sich. Bewegt sich ungewöhnlich schnell und verursacht beim Auftreten keinerlei Geräusche.

Tätowierung eines Rabens mit ausgestreckten Flügeln auf Rücken. Keine Körperbehaarung, natürlicher schwarzer Federflaum an Schulterblättern (in Tätowierung eingearbeitet) und Ellenbogen.

Treibt in seiner Freizeit eine ganze Menge Sport.

Standwochenablauf (prä-Kündigung)

Impressionen

15.10.2072, Berlin, Falkensee

Zitat

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Kalter Oktoberwind zieht über das Dach des ehemaligen Fabrikgebäudes. Ein schwaches, rötliches Licht schafft es durch die dichte Decke aus Smog und Wolken, lange Schatten in Richtung der schillernden Skyline Berlins werfend. An einer Kante weht eine mit farbenfroher Werbung bedruckte Plastiktüte ihre endlosen Kreise.

Es sind weniger die Überreste von dem, das vielleicht einmal einem Kühlturm geähnelt hat, welche hervorstechen. Ebensowenig die großkalibrigen Reihen von Ein- und Durchlschagsspuren, die das gesamte Dach überziehen. Die vier aus Stahlträgern improvisierten, nicht so ganz gerade stehenden, Kreuze in der Mitte des Flachdachs wären die tatsächliche Eigenart der Szenerie. Die rostenden Kreuze zieren eine Hand voll ausgeblichene Bänder, die in der kalten Luft flattern. Ein frischer Kranz aus Plastikblumen schmückt den am gerade stehendsten Träger.

Vor jenen Trägern steht Raven in in abgerissener, schwarzweißer Sportkleidung. Durch die aufgerissenen Knie der Jogginghose lassen sich zweifelsfrei die darunterliegenden Knie- und Beinschoner erkennen. Den Schal eng bis knapp unter den Mund geschlungen tritt er zögerlich mit vom Wind zerzausten Federn an die Kreuze heran und hockt sich nieder.

"Hey, Cetus. Sorry, dass ich so ewig nicht da war. Und, wie läufts?

Einen Moment lang herrscht peinliche Stille, Raven kratzt sich unsicher an den Hinterkopffedern. Er atmet einmal tief durch, spricht dann weiter.

Carina hat sich langsam gefangen. Also... zumindest nimmt sie nicht mehr an jedem Spartanerkampf im SechsTief teil und diese... Eskapade in Kreuzberg ist ein Einzelfall geblieben. Hoffe ich. Sie vermisst dich."

Der junge Elf beugt sich ein wenig vor, rückt den Plastikblumenkranz zurecht.

"Was laber ich da, du fehlst uns allen. Du und der ganze Rest."

Raven greift sich in den Nacken, zupft eine einzelne Feder aus seinem Haar. Wischt sich über die Augen und macht sich daran die Feder an dem Kranz zu befestigen.

"Ach, ja. Ich hab jetzt Arbeit. So Runner-Zeug, für den Drachen. Schon klar, ist beides nicht so prall. Sind auch Scheiße, die Aufträge. Und haben nichts mit "rennen" zu tun. Eher so... Entführungsmist.
Was meinst du, ist das wie früher? Wenn nicht wir, macht es die Konkurrenz und was in dem Paket ist, interessiert uns nicht? Oder ist das was anderes?"

Für eine Weile folgt Stille. Lediglich die Bänder an den Kreuzen flattern leise, aus weiter Entfernung trägt der Wind das dumpfe Echo eines Schusses oder einer kleinen Explosion über die Dächer. Raven seufzt, fährt sich mit beiden behandschuten Händen über das Gesicht.

"Hm, yea. Ach, noch was. Da ist so'n schnuckeliges Mädel, was beim mir im Bett gelandet ist. Macht Voodo bei den Runs. Ist aber richtig nett, lässt das nicht raushängen. Kommt auch gut mit Carina klar. Und hat so was wie Gewissen. Hätte nicht gedacht, dass die so was heutzutage noch bauen."

Der Elf fährt sich ein wenig verlegen über den Nacken, wendet den Blick in Richtung des rötlichen Sonnenuntergangs.

"Blind und so, verstehe schon. Werde aufpassen."

Erneut verstreicht eine kleine Weile ohne das sich etwas rührt. Der Kranz bewegt sich leicht als der Wind an der hineingesteckten Feder zerrt.

"War gut mal wieder vorbeizusehen. Lass dich dann mal wieder in Ruhe.
Xwa-legell, Cetus."

Raven erhebt sich, lässt seinen Blick für einen langezogenen Moment noch einmal auf den Kreuzen verharren und spaziert an den Rand des Daches. Wo er dann ohne Eile die von Einschusslöchern übersäte Fassade hinabklettert.
Die Rabenfeder löst sich, trudelt an die Kante des Daches und beginnt dort einen langen, ziellosen Tanz mit der bunten Plastiktüte.

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19.11.2072, Berlin, Gropiusstadt

Zitat

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Raven schwitzt. Weiße Wölkchen bilden sich vor seinem Mund als er sein Ziel mit zusammengekniffenen Augen folgt. Kurzer Stoß, gefolgt von einem weitem Schwinger seiner Schwertlanze. Gerade so ausreichend um sein Gegenüber zurückweichen zu lassen. Selber zurückfallen lassen, lauern.
Die in einfache Panzerung, Marke Anarchohinterhof, gekleidete Person stürmt heran. Ravens Lanze schabt mit einem unschönem metallischen Quietschen über die Armschoner. Ein dumpfer Schmerz explodiert in seinem Unterarm und plötzlich zieht irgend etwas seine Beine unter ihm weg. Lanze, wie der junge Elf küssen getrennt voneinander unsanft den Boden. Ein Fuß setzt sich auf den Nacken des schwer schnaufenden Ravens.

"Sirang ulo! Das kann jeder Klappmessertürke besser!"

Was für eine Scheiß Idee. Er seufzt, lässt sein Gesicht in den halb gefrorenen Dreck sinken. Warum konnte er nicht einfach wie früher für das Wegrennen anstatt für Konfrontationen bezahlt werden? Kitty zu seiner Schwester für einen sanften Crashkurs in Sachen Messerkampf zu schleppen war nicht verkehrt gewesen. Sogar er hatte da was mitgenommen. Aber das hier... ist ein völlig anderes Kaliber.

"Nochmal. Beine waren besser, Griff mädchenhaft."

Der Fuß von seinem Nacken entfernt sich, nicht mehr als einen Staubabdruck hinterlassend. Raven ächzt, rappelt sich langsam wieder auf, beugt sich nach seiner stumpfen Übungswaffe. Während sein Körper noch dumpf pulsierend gegen Fall und Entwaffnung protestiert reibt er sich die Augen und geht erneut in Stellung. Kneift diese zusammen, seine Schwester fixierend.
Kurzer Stoß, gefolgt von einem weitem Schwinger seiner Schwertlanze...

Privatstunden bei Carina. Für richtige Kämpfe, nicht dieses Fitness-Zeugs was sie für Anzugs-Schnösel macht. Und ohne die Samthandschuhe für Anfänger. Also Masochismus in Reinform. Zähne zusammenbeißen, durchhalten. Irgendwann würde auch das vorbei sein... hoffentlich.

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22.10.2072, Berlin, Kreuzberg

Zitat

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Nur eine herabgedimmte Lampe mit einem zu kalten Ton erleuchtet den relativ kahlen Raum. Neben einem Tisch der gut und gerne vom Sperrmüll geklaut sein könnte findet sich nur ein ungemachtes Bett, ein paar kleinere Haufen zerknüllter, müffelnder Wäsche und ein sehr bequemer Sessel als Einrichtung. Die Rollladen des Fensters zum Hof hin sehen nicht so aus als ob sie in jüngster Zeit nach oben bewegt worden wären. Der Müll hält sich dafür gut in Grenzen, nur auf dem Tisch wächst gerade eine gefährlich schiefe Imitation eines berühmten italienischen Glockenturms aus McSoy(R)-Verpackungen.
Phönix, wohlbeleibt und waschresistent wie eh und jeh, thront auf seinem Sessel und winkt laiziv mit der Linken umher. Was meist verschiedenste Änderungen an den farbenfrohen Kontrolldiagrammen, die per Trid wie eine Kuppel um Phoenix angeordnet sind, hervorruft. Mit der Rechten hält er gerade einen angebissenen, etwas tropfenden, Burger. Auf dem Tisch liegt ein halb auseinandergenommenes Kommlink von dem Kabel in einen größeren Apperat führen. Neben Phoenix steht Raven, die Arme verschänkt, den Kopf etwas zurückgelegt. Und die Anzeigen wie ein Schwein ein Uhrwerk betrachtend.

"Das ist voll assig, Alter."

"Ewe çí ye?"

"Krass assig kaltblütig. Die Chummerin is frisch gegeekt und du stehst vor der Tür, fragst ob man ihr Konto lehrräumen kann."

"Hey, sie ist tot, bêcan. Bevor die Bärfuck das Geld frisst... Seh es als Bezahlung fürs Spurenverwischen an. Und nicht vergessen: Ich brauch die Adresse der Wohnung fürs manuelle Aufräumen."

Phönix lacht auf, sich beinahe an dem Burger verschluckend den er gerade mampft. Das Fett seines Körpers zittert dabei fröhlich mit.

"Daher 'Rabe' als neuen Straßennahmen, eh? Ich krieg die Hälfte vom Konto für die Aktion. So, kann losgehen. Gib mir 'ne Stunde."

Der jugendliche Zwerg grinst in sich hinein, macht eine Dirigentengeste, womit etwa 80% der Anzeigen aus der Luft verschwinden. Dann der restliche Burger in dem unersättlichen Magen des Hackers. Zum Schluss lehnt er seinen Kopf zurück, geübt den Stecker für seine Buchse treffend. Und erschlafft darauf. Leicht nervös bleibt Raven daneben stehen, versucht weiterhin mit ausbleibendem Erfolg auszumachen was die Trid-Anzeigen wohl aussagen mögen.

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19.1.2073, Berlin, Friedrichshain-Kreuzberg, "7Sins"/BCB Hauptquartier

Zitat

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Die Büroräume des BCB waren noch recht spartanisch eingerichtet. Stühle, Tische, Trid-Schirme. Ein gerahmtes Portrait des großen Drachens Lowfyr in Menschenform blickte mit strenger Effizienz über den Raum. Das Bild hatte Raven aufgehängt, nun da man offiziell Drachentreu war. Nur ein Arbeitsplatz war beleuchtet, sonst war nur die Laterne vor dem Fenster als Lichtquelle auszumachen. Raven lümmelte auf einem der Stühle, Füße auf den Tisch gelegt und leise Musik ertönte von seinem Terminal. Davon abgesehen war es still, das Geräusch des gelegentlichen Fahrzeugs, welches sich durch den nächtlichen Schnee des alternativen Bezirks kämpfte wurde vollständig von den schalldämpfenden Mauern geschluckt.

Wir setzten unsern Fuß auf ferne Küsten
und doch brannte jedes Land.
Wurde zu Staube und zerfiel
in unserer Hand.

Und wir vergaßen unsren Namen,
unsern Glauben und was bleibt
am Ende außer Glut in euren Augen?

VolksVibe, irgend ein Mittelalterspecial. Grässlich viel Dudelsack, so gar nicht die elektronische Musik mit viel Bass, die er so gerne hörte. Aber er mochte die Texte. Oder zumindest den Funken Rebellion, den der Sender auch sonst versprühte. Die wohlige Erinnerung an ein Früher, was es vielleicht nie gegeben hat.
Hatte er noch Glut in seinen Augen? Eine Überzeugung für ein freies Berlin, nachdem es zwei mal brannte und nun durch die schleichende Macht der Konzerne zerfiel? Überhaupt eine Überzeugung für irgend etwas?

Der junge Elf seufzte, massierte seine Schläfen und scrollte den virtuellen Katalog auf seinem Trid-Schirm mit einer Handbewegung weiter ohne wirklich auf das hochtechnische, für Privatpersonen ebenso illegale Angebot zu achten. Der stilisierte Drachenkopf am linken unteren Ende der Anzeige funkelte golden. Er blinzelte, fuhr sich müde mit beiden Händen durch die leicht zerzauste, rabenschwarze Federpracht auf seinem Kopf. Im Hintergrund ströhmte weiter wundervoll melancholisch-rockige Musik... mit viel zu viel Dudelsack.

Ihm gefiel die Antwort nicht.

Er war nie einer von denen gewesen, die mit der Kalli der Einen und der Anarchofahne in der Anderen gegen die Konzerne, die Propagandalügen, ihre Hungerblockade, all die Ungerechtigkeiten rebellierten. Er hatte im Müll gewühlt, in der Hoffnung etwas essbares zu finden. Er hatte von denen gestohlen, die ohnehin kaum etwas hatten. Einmal sogar jemanden für einen Kredstick und eine Plastiktüte voller Soy getötet... er widerte sich vor sich selbst, bei der Erinnerung daran. Selbst jetzt noch.
Dann hatte er geschmuggelt. Die Kunden kannte er nicht, sie zahlten, füllten seinen Magen. Die Lieferungen interessierten ihn nicht. Sie hatten ihn nicht zu interessieren.
Aber er hatte stets gefeixt, wenn ein Anschlag gegen die Mauer gelang. Wenn es Kieze doch einmal schafften eine sichere und freiheitliche Umgebung zu schaffen, besser als 'drüben'. Wenn er doch tatsächlich einmal so dringend benötigte Medikamente von der glänzenden Konzernseite in den lädierten Status Fluxus brachte.

Auf alle meine Wege
legte sich der Frost.
Und keiner meiner Schritte gibt mir Trost.
Ich bin als Mensch geboren,
doch meine Selle ist erfroren.

Nun war er ein Soldat für das Bienenvolk des goldenen Drachens. Für die Drohnen, die regelmäßig die immer selbe, stumpfe Arbeit ausüben. Die Manager-Königinnen in ihren glänzenden Hochhaus-Stöcken, die das Konzernkapital auf Kosten von Umwelt und Volk mehren und mehren. Das schlimmste daran war, dass er dabei nichts fühlte. Keine Reue, keine Wut, nichts. Er war einer von 'denen' geworden ohne es zu merken. Und es war ihm egal.
Die Antwort auf seine Frage war: Nein. Er war sich nicht sicher, ob das eine so gute Sache war.

Raven stellte das Radio ab, nahm einen Schluck von seinem Soy-Caf in völliger, dudelsackfreier, Stille. Blickte zurück auf seinen Schirm. Schob lästige Gedanken zur Seite.

Wenn man diese dünnen Rutheniumpolymer-Regenmäntel aus dem Katalog noch thermisch isolieren lassen könnte...

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15.2.2073, Berlin, Falkensee

Zitat

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Dumpf pulsierte der gegen den nächtlichen der letzten Nacht protestierende Schmerz durch seine Schläfen. Langsam schlich sich das erste zaghafte sonnenbedingte Grau in das flüchtige Zwielicht des Berliner Lichtsmogs. Knapp über dem Gefrierpunkt wehte der Februarwind über das von großkalibrigen Einschusslöchern übersäte Dach. Unermüdlich flatterten die tagsüber bunten Bänder, welche die drei Stahlträgerkreuze zierten, als graue Schemen durch die frühmorgendliche Luft.

Er hatte nicht lange geschlafen. Seit er sich erinnern konnte, kam ihm die Nachtruhe Anderer absurd lang vor. Heute war keine Ausnahme. Neben ihm, in mehrere Rettungsfolien eingewickelt, schlummerten Keiler und Joker ohne sich mehr oder weniger ausgeschlafen dem langsam wachsendem Kater auszusetzen.

Er hätte laufen können. Die ruinengleichen Wohnblöcke Falkensees kannte er in und auswendig. Genug Abkürzungen um Keiler und seine Drohnen abzuhängen. Genügend dicht gedrängte Bewohner, manche noch mit der Hoffnung auf ein besseres Leben außerhalb des gescheiterten F-Bezirks, um es dem Voodo von Kitty und Spizzahn schwer zu machen. Er hatte lange genug die täglichen Herausvorderungen des Lebens im hiesigen Dreck gemeistert. Wie lange Kitty Falkensee vor Just Cause überlebt hätte? Gerade lange genug um sich von Handlangern ihrer Konzernfamilie jenseits der Mauer retten zu lassen. Vermutlich.

Weglaufen. Verstecken. Er war es satt.

Als sich damals der Staub von Just Cause nicht einmal vollständig gelegt hatte, war seine Schwester direkt in das Quartier der Asia-Gang marschiert die Cetus' Unterschlupf als angeblichen 'Koordinationspunkt' des lokalen Widerstands verraten hatte. Sobald die Überlebenden des Kurierdienst die Information aufgetrieben hatten, war sie losgezogen. Mit einem ihrer Bibelzitate auf den Lippen.

Diese Zielstrebigkeit war es, was er bewunderte.

Wer nicht kämpfte, biss und wieder aufstand nachdem er in den Dreck geworfen wurde, würde enden wie die seelenlosen Konzerndrohnen in ihren grauen Plattenbauten oder die Hoffnungslosen der gescheiterten F-Bezirke mit ihren leeren Augen. Stets vor jeder Gefahr duckend, sich zusammenkauernd in der Hoffnung dass ein Ritter in goldener Rüstung erschien und sie rettete.

Kitty hatte ausreichend Möglichkeiten gehabt etwas zu tun um sich gegen ihre Verfolger zu wenden. Sich gegen die sanften Sticheleien ihrer Chummer zu wehren. Im selbst mit ihrem Voodo gehörig in den Hintern zu treten als er ihr ungeschickt, dafür aber gehörig verletztend, sein Problem mit ihrer Prinzesschen-Mentalität darlegte. Sie hatte sich geduckt und versteckt. Jedes Mal.

Er reckte seine Schultern, begleitet vom Knistern der Rettungsfolie. Atmete tief ein und massierte für einen Moment seine Schläfen. Den Blick über die, einen Groß des Lichtsmogs verursachende, Skyline im Westen Falkensees wandern lassend.

Es war Zeit wieder Zähne zu zeigen. Die Konfrontation hatte ihn aufgerüttelt, beinahe wäre er langsam aber sicher wie Kitty geworden. Er würde wieder Glut in seinen Augen brennen. Nicht für den Status F, den Drachen oder verstoßene Konzernmädchen. Für die wenigen die ihm wirklich nahestanden. Und sich selbst.

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22.2.2073, Berlin, Friedrichshain-Kreuzberg, "7Sins"/BCB Hauptquartier

Zitat

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Raven lehnt sich tief zurück in seinen Stuhl. Blinzelt die Zahlen auf seiner Trid-Console an. Der Büroraum des 7Sins hatte sich nicht verändert. Noch immer wachten die strengen Augen des in Plastik gerahmten Lofyrs über den Raum. Die Einrichtung war schlicht und funktional wie eh und jeh. Von Außen wagte sich langsam das trübe berliner Tageslicht durch das Fenster.

Er war gerne hier, wenn alles ruhig war und die normalen BCB-Angestellten noch ihrem natürlichen Bedürfnis nach Schlaf nachgingen. Als ob ein einziger der Angestellten hier 'normal' wäre. Aber sie schliefen abartig lange, wie normale Leute eben. Wenn er um diese Zeit arbeitete, konnte er ungestört seinen kleinen Spinnereien nachhängen und die SK-Kataloge nach Anschaffungen zu durchstöbern, auch wenn die meisten der so entstandenen Konstrukte nie das Licht der Welt erblickten. Es war diese Zeit zu der die Zusammenstellung der BCB-Dienstwaffen oder die Basis des kürzlich gekauften TacNets entstanden waren.

Nach einem tiefen Schluck aus dem SoyKaf-Becher fährt sich der junge Elf durch die schwarzen Federn, die sein Haupt schmücken. Diese Idee war bescheuert. Ein scheiß Pferd. Die schwersten Schlachtrösser der Zeit als solche Tiere noch tatsächlich als Waffen eingesetzt wurden würden neben diesem tiefschwarzen, gegen den Wind nach Gentechnik riechendem Hengst wie ein klappriger Ackergaul aussehen. Dieses Tier, gehüllt in eine moderne SoftWeave-Kompositpanzerung wäre schneller, stärker und mit einem trainierten Reiter tödlicher als ein vollgepanzerter Troll.
Und auffällig wie Sau. Westlich der Mauer dürfte man das Vieh nicht innerhalb der Stadtgrenzen aus dem Transporter lassen. Größere Straßen wären selbst in Brandenburg tabu. Man bräuchte eine Koppel um den Hengst unterzubringen. Man müsste das Tier jung kaufen und trainieren. Man müsste sich regelmäßig darum kümmern, auch wenn gerade ein Auftrag Priorität hatte. So ein Pferd war kein Auto, was man einfach mal einen Tag vor dem Club abstellen konnte. Um für den Fall des Untertauchens vorbereitet zu sein müsste man sich vorher mit der Wildnis des Brandenburger Lands und der polnischen Gegenseite vertraut machen, die ihm bekannte Enge der verschiedenen Drecklöcher Berlins wäre mit diesem Tier keine Option.

Raven schüttelt den Kopf. Ein Pferd war für jemanden in seinem Beruf eine Träumerei. Den Ärger, den Träumereien verursachten, würde er nicht gebrauchen können.

Mit einer Wischbewegung versinkt der Entwurf in der digitalen Kartei für unplausible Konzepte.

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27.3.2073, Berlin, Schönefeld

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Ravens Lunge brannte. Die kalte Tunnelluft die er schnaufte stank durch die juckende Atemmaske nach Chemiefilter. Zwei weite Schritte die Wand nach oben, ein kräftiger Sprung und er zog sich auf das Dach des den U-Bahn-Wracks hinauf, dort seinen beinahe lautlosen Hindernislauf fortsetzend. Die Umrisse der Wärmesignaturen seiner Umgebung waren genug gewesen um die alte unterirdische Kurierroute in vollständiger Dunkelheit zu passieren. Während seines Laufs wies ein unaufdringlicher, durchsichtiger AR-Text seiner Kontaktlinsen darauf hin, dass keine Matrix-Verbindung erreichbar war.

Dieser Abschnitt des Berliner Untergrund war relativ sicher. Zu feucht, schimmlig und abgelegen um als längere Zufluchtsstätte für die Verzweifelten, Irren oder Infizierten zu dienen. Im Notfall war er immer noch wendiger, schneller und leiser als alle potentiellen Gefahren. Und vermutlich besser bewaffnet. Zumindest redete er sich das gerne ein.

Mit einem Satz sprang er von dem letzten Balkon des rostenden Zuges, rutschte ein paar Meter nach seinem Aufkommen auf dem feucht-schlammigen Belag des verwaisten Wartesteigs. Es folgte ein Sprint gen des Ausgangs, die seit Urzeiten inaktive Rolltreppe hinauf, die Szenerie der trostlos vor sich hinschimmelnden Halle in das Smog-orangene Licht des Berliner Sonnenaufgangs getränkt. Oben angekommen verschnaufte er einen Moment, gefilterte Luft schnappend, den dem Schweiß geschuldetem Juckreiz unter Atemmaske und Kopftuch widerstehend.

Laufen war stets seine Möglichkeit gewesen zur Ruhe zur kommen. Eine Möglichkeit unangenehme Gefühle zumindest für eine Weile zu verbrennen. Und Zeit seine Gedanken zu ordnen.

Raven streckte sich und verfiel in einen gemütlichen Trab, einem Trampelpfad nach auf die Häuserschluchten in Richtung Norden zuhaltend. Ringsherum gab das orangene Morgenlicht dem sonst etwas fahlen Wildwachsgrün des ehemaligen (außerhalb der Wege immer noch tödlichen) Minenfeldes zwischen Groptiusstadt und Schönefeld etwas mehr Farbe. Hier und dort wagte sich sogar der ein oder andere tapfere Frühblüher als Vorbote des Frühlings hervor.

Der vergangene Sonntag war... seltsam gewesen. Joker hatte ihn mit Witz und Charme in eine Kinovorstellung zu zweit geholt. Und angegraben. Was hätte er auch erwarten sollen, bei Kino alleine mit dem schwulen Chef? Raven war es irgend wann zu viel geworden. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was er genau gesagt hatte. Kein Bock auf Beziehung, nicht jetzt, nicht im Team und nicht mit 'nem Typen. Oder so. Soziales Terrain war nichts auf dem er sich trittfest wähnte, aber er war sich relativ sicher, dass etwas hinter der Fassade des sourveränen Punks zerbrochen war.
Anschließend hatten sie eine ganze Menge Bier getrunken. Und über allen möglichen Sinn und Unsinn philosophiert. Ziele, Träume, Freiheit. Recht, Unrecht, Religion.

Es war ausreichend gewesen um ihn daran zu erinnern, dass er etwas zaghaft mit seinen neuen Vorsätzen nach dem Krach mit Kitty gewesen war. Dass Träumereien von einem Hirtendasein in Kurdistan als Ausstiegsszenario nicht wirklich das waren, was er wollte. Er war sich nun, nach fast einem Tag Denkzeit, sicher was er wollte. Zumindest redete er sich das gerne ein.

Die Füße des jungen Elfen traten wieder, lautlos, auf rissigen Asphalt. Er durchquerte den Flur eines leerstehenden Hauses, schwang sich aus einer gähnenden Fensteröffnung, rollte sich in einem staubigen Hinterhof ab. Und hechtete zu einer Feuerleiter hinauf, diese erklimmend.

Joker hatte eine Menge über sich erzählt. Dass er zu dem Schluss gekommen sei, dass Geld einen frei mache. Dass er es sich nicht zutraue zu urteilen ob jemand sterben sollte oder nicht. Dass er seinen Ziehvater an Berlin verlor. Dass er anfangs einhunderttausend Euro für die Behandlung seiner drogenabhängigen Mutter auftreiben wollte. Und dann stets unter einem Vorwand das Geld investierte, zu viel Angst davor sich seiner Mutter zu stellen.

Der Adept setzte seine Reise fort, nun über die Dächer eines zusammengepferchten Komplexes im Süden des berüchtigten Viertels. Das morgendliche Orange wich nun langsam dem alltäglichen, Smog- und Wolkengefiltertem, im Vergleich beinahe strahlend hellem Grau. Über enge Gassen zum nächsten Dach springend, glatte Schrägen hinabschlitternd, unebene Wände hinaufkletternd. Die AR seiner Kontaktlinsen, endlich durch eine Verbindung eines offenen Knotens gefüttert, erinnerte ihn, dass der Zielpunkt, Phönix' Wohnung, nur noch 6 Kilometer entfernt waren.

Er hatte sich vorgenommen keine Probleme mehr liegen zu lassen, bis sie rochen. Sein ehemaliger Dispatcher würde wieder etwas zu tun bekommen.

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17.3.2073, Berlin, Friedrichshain-Kreuzberg

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Es ist eine laue Nacht. Das Konzerngeld pulsiert durch das Viertel, getrieben von den unerfüllten Herzen der Drohnen welche wie jeden Freitagabend in den Bezirk strömten. Getrieben von dem Wunsch die eigene Leere für ein Wochenende, einen Abend mit lauter Musik, Tanz, Alkohol und dem Kitzel einer flüchtigen Bekanntschaft zu füllen. Ein Bedürfnis, an welchem nicht nur Ravens Chef mit Sicherheit eine Menge Geld verdient, der Anzahl der Lokalitäten nach zu urteilen, an welche er sich aus der Zeit vor Just Cause nicht erinnern konnte. Die Hände in den Taschen seiner schwarzen Sportjacke, spaziert der junge Elf die Straße entlang, Federn unter einem typisch kurdischen Palli-Kopftuch verdeckt. In der AR vor ihm scrollte erneut Phönix' Sammlung zu Marie Wertheim durch.

Unfall im Bordell. Verstorben. Von 'nem roten Vory totgebumst. Bestimmt irgend solche kaputte SM-Scheiße. Sarock würde an die Decke gehen. Der Halbkurde ist selber nicht sicher, wie er selbst auf eine solche Hiobsbotschaft reagieren würde. Amok laufen, vermutlich.

Der Adept seufzt, schließt die Datei, wickelt sein Tuch vom Kopf. Und hält vor einer übergroßen, altmodischen 2D-Werbetafel, welche einen der zahlreichen Clubs mit mehr oder weniger suggestiver Werbung bewirbt. Ungewöhnlich ist der LED-Bildschirm schon. Gibt dem 7Sins einen sympatischen Retrolook. An der Schlange am Eingang vorbei, den Türstehern zunickend betritt er den Laden, empfangen von wummernden Bässen. Der freitägliche Themenabend ist voll im Gange.

Er könnte die Information lassen wo sie waren und es sich an der Bar gemütlich machen, Limo trinken und die Tänzerinnen begaffen. Oder versuchen irgend etwas Blondes in einen der Privatbereiche des Undergroundfloors zu bringen. Oder gehen und eine Route durch die abgeranzesten Viertel Berlins turnen. Ihm fielen erstaunlich viele Ausreden ein um mit seine neuen Prinzipien zu brechen.

Raven schmunzelt und geht die Treppe hinauf, sein Palli in die linke Jackentasche stopfend. Gift in Datenform auf einen Speicherchip kopierend. Wenig später steht er vor Jokers Tür und klopft. Der Bass durch die Dämmung kaum mehr als ein sanftes, an und ab schwellendes Summen.

"Ey, Sarok. Hab 'ne schlechte Nachricht für dich."

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22.3.2073, Berlin, SK-Tempehlof

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Glühende Wut. Das antreibende Schwelen in seiner Bauchgegend war kein vollständig unwillkommenes Gefühl. Seine von ihm idolisierte Schwester war genau diese Emotion in Fleisch und Stahl. Seit Cetus' Tod hatte sie, getrieben von Rage, keinen einzigen Kampf verloren. Davon würde er sich eine Scheibe abschneiden.

Mit dem Summen der über die Haut wandernden Bots wuchsen dem stolzen Raben auf seinem Rücken langsam gespreizte Flügel, den natürlichen Flaum seiner Schulterblätter umschmeichelnd.

Er war heute beinahe bis zur Erschöpfung gelaufen und geklettert. Doch anstatt die bisher ungewollte Empfindung zu verbrennen, war sie angeschwollen. Als seine Beine nicht mehr wollten hatte er ein Testament geschrieben, was Joker und Kitty im Falle seines Todes ihr Blaues Wunder bescheren würde. Seine wunden Knöchel waren Zeugen des Zusammenstoßes während des Laufs mit der armen Sau, die ihm in einer der Plattenbauten von Groptiusstadt im Treppenhaus im Weg gewesen war. Und das Pech hatte türkisches Blut in seinen Adern zu haben.

Schwarze Farbe kolorierte den zu einem Schrei geöffneten Schnabel, gab den Augen des Tieres einen Ausdruck die seiner gegenwärtigen Gefühlslage entsprach.

Über die Quelle seiner Wut war es sich nicht im Klaren. Vielleicht Drekhead. Kitty. Joker. Just Cause. Cetus. Seine eigenen Unfähigkeit. Alles. Nichts.

Er knirschte mit den Zähnen, während auf seinem Rücken unter leichtem Brennen der Entstehungsprozess des mehrere tausend Euro teuren Rabens voranschritt.

Die Tätowierung war eine spontane Entscheidung gewesen. 'Eine Entscheidung ist in drei Atemzügen zu fällen.' Vielleicht markierte dieser Moment einen Wendepunkt in seinem Leben. Vielleicht sah der Rabe, welcher seinen muskulösen Rücken zieren würde, auch nur cool aus. Beide Optionen wären akzeptabel.

Unabhängig davon hieß er die Glut in seinem Herzen willkommen.

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25.3.2073, Berlin, Gropiusstadt

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Raven lag mit dem Rücken auf dem Kies des Flachdaches. Nur ein lauer Wind streifte über die Spitze des Hochhauses, nicht genug um die Smogglocke über der Stadt zu sprengen. Nicht dass dies die Atemmaske des jungen Elfen stören würde. Die Lichter der Stadt wurden wie in so vielen Nächten von dem verhangenen Himmel reflektiert, Berlin in ein dämmriges Zwielicht tauchend. In der Ferne hallten eine handvoll automatische Salven durch die Nacht.

Über ihm schwebten Karten von Boston, seitlich war in der Luft der recht umfangreiche Aetherpediaartikel über die Stadt ausgebreitet. Eine Menge verbitterter Exiliren, mit dazugehörigem Katholizismus. Interessant mit dem Anteil an Elfen im Team. Stadtbild der äußerst weitläufigen Vorstadt um das Zentrum herum war unspektakulär. Keine verwinkelten Gassen, nur wenige zusammenhängenden Komplexe. Alle Gebäude schon geordnet, von kleinen Mäuerchen oder Zeunchen (oder größeren Varianten, bei Konzernbesitz), getrennt und von übermäßig breiten, ebenfalls hoffnungslos geordneten, Straßen umrandet. Das Zentrum hingegen war ein Augenschmauß. Zwar waren die Straßen meist gerade und mehr oder weniger amerikanisch geordnet, aber außerhalb der Hauptverkehrsadern eng und sogar mit Einbahnstraßen durchsetzt. Die Häuser waren meist mindestens vierstöckig mit nach den Satellitenaufnahmen waren die Dächer dieser Viertel ein großer Spielplatz.
Und ein Teil des Zentrums ist dank irgend einer Havarie vor Urzeiten zu einer mehr oder weniger toxischen Z-Zone geworden. Ohne Ortskenntnis bestimmt ein... spannendes Pflaster.

Am Rand von Ravens Sichtfeld ploppte ein Fenster auf. „Ich vermisse Dich“, von Kittys Arbeitskommlink. Er blinzelte, starrte das Fenster für eine kleine Weile an. Schloss das Fenster wieder.

Vielleicht würde das Mädel sich doch zusammenreißen und die Sache selber erledigen.

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