Thara wuchs im kleinen Weiler Windfels auf. Dieser bestand eigentlich nur aus einem Wohnhaus mit Stall und einer Werkstatt. Er liegt in der Baronie Nebelstein in Greifenfurt an den Hängen des Finsterkamms direkt unter einer windumtosten Felsnadel, dem Windfels. Dort wuchs sie zusammen mit ihren mittlerweile verstorbenen Großeltern Emmeran und Hildegreif, ihren Eltern Peradan und Thorina, ihren Onkel Praioslob und dessen Sohn Edogold und ihren Geschwistern Raul, Pernhilde, Praiodan und ihren Zwillingsbruder Tristan auf. Ihre Tante Saria hat sie nur einmal getroffen, da diese Druidin ist. Die anfängliche gespannte Situation verschlechterte sich extrem, als Ifirnia, Praioslobs Frau, im Kinderbett verstarb, weil er Saria nicht helfen lassen wollte und sie aus dem Haus jagte. Dies führte später zum Bruch mit seinem Sohn Edogold, der pragmatischer angelegt war und seinen Vater die Schuld für den Tod von Ifirnia gab. Edogold verließ den Weiler als Thara noch jung war.
Während Tharas Eltern, ihr ältester Bruder und ihr Onkel sich um die Holzwirtschaft kümmerten, der Hauptverdienst des Weilers, verbrachten Thara und Tristan viel Zeit in den Wäldern. Dort sammelten sie Kräuter und essbare Pflanzen und hüteten die Tiere, falls man sich gerade eines leisten konnte. Thara zeigte schon früh eine besondere Gabe mit dem Umgang mit Tieren, aber ihre magische Gabe blieb erstmals unentdeckt, vielleicht weil sie meist allein war, wenn Wölfe sich still hinlegten.
So verging ihre Kindheit. Ihr Bruder Praiodan wurde die Ehre zu Teil Novize Praios zu werden. Pernhilde heiratete den Schmied des Dorfes Elend. Als die Familie dort mal wieder auf dem kleinen Markt war, trafen sie dort auf die Grenztruppen des Barons, denen sich Thara und ihr Zwillingsbruder anschlossen. Diese Truppe war zwar eher eine Landwehr und nur leidlich ausgerüstet, wurde aber durch Disziplin, Zusammenhalt und den Fähigkeiten des leitenden Ritters zu einer schlagfertigen Einheit. Während Tristan zum Soldaten an der Hellebarde ausgebildet wurde, kümmerte sich Thara mit um die Tiere und wurde von dem Medicus, einem alten Bekannten des Ritters, zur Feldscherin ausgebildet. Dieser weitgereiste Gelehrte erklärte Thara auch, dass sie ein Magiedilettant sei, als diese einen Soldaten nur durch das auflegen ihrer Hände heilte. Er half Thara über ihre erste Phase der Verwirrung. Dennoch verunsicherte es Thara so sehr, dass sie beschloss ihre Heimat zu verlassen. Sie wendete sich ihrer zweiten Leidenschaft zu, den Tieren und bildete ihren eigenen Bergadler zum Jagdtier aus. So zog sie durch die Lande immer in der Angst jemand würde erkennen, dass sie nicht normal sei. So kam sie schließlich auf dem Weg zur Warenschau in Angbar in einer Taverne mit ein paar Reisenden ins Gespräch.

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Anfang Boron 1012 BF

Zaya und Fiona schliefen schon, Frederico war kurz weg und so sahs Thara allein in ihrem Zimmer. Sie schaute aus dem Fenster. Es was alles so friedlich hier. Doch Greifenfurt stand in Flammen. Thara hatte keine Ahnung, ob ihre Familie noch lebte oder ob sie unter den schrecklichen Säbeln der Orks in Stücke gehackt worden ist. Sie wusste nicht was los war und dies ängstigte sie mehr, als die Gewissheit, dass sie tot waren.
Vor allem konnte sie nichts tun. Nichts. Sie hatte geholfen einen Usurpator zu stürzen. Sie war aus einem verschütteten Berg entkommen an dessen Wurzeln Ingerimm rüttelte. Sie hatte Drachen, Untote, Räuber und viele andere Monstrosität besiegt. Sie hatte es selbst überlebt, als eine Dämon sie aus ihren Körper gerissen hatte. Aber gegen eine Armee von Orkkriegern konnte sie nichts unternehmen. Nicht solang sie andere Verantwortungen hatte.
Sie schloss die Augen. Manchmal sah sie noch die grünen Augen, die sie böse angrinste.
Aber seit die Kinder da sind und nach vielen Gesprächen im Tempel ging es Thara schon viel besser. Naja den Umständen entsprechend.
Frederico war ihr Fels in der Brandung.
Sie stand auf, als die Tür sich öffnete.

Der Wind wehte in Tharas Haare, als sie im Galopp den Weg entlang ritt. Sie liebte diese Ausritte. Es war zwar schon Ende Boron und selbst in Almada wurden die Abende und Nächte kühl, aber Thara war andere Winter gewohnt. Sie hatte sich damit abgefunden momentan nichts unternehmen zu können. Weit wichtigere und erfahrenere Personen waren mit den Orken beschäftigt. Dazu kam der bevorstehende Winter. In Norden würden Truppenbewegungen schwieriger werden. Es blieb Thara nichts anderes zu tun, als zu warten. Man würde sie informieren, wenn man sie brauchte. Sowohl ihre Kaiserliche Hoheiten, als auch euer Hochgeboren Baron von Ulmenhain wussten wo man sie fand.
Ihre Freunde und Weggefährten hatten sich verteilt. Yuiper war mit Arej in den Raschtulswall gezogen. Angrotosch zurück nach Ferdok. Olvir nach Punin zu seiner Liaison. Langsam fanden sie alle eine Liebe. Wobei Thara dieBlicke, die Yuniper Arej zuwarf, bedenklich fand. Allerdings wusste sie das Arej verheiratet war, aber nicht ob norbardische Sippenehen etwas gegen andere Frauen hatten. Naja solang sie sich nicht all zu große Hoffnungen machte. Beziehungsstress konnte die Gruppe definitiv nicht gebrauchen. Zu groß waren andere Gefahren.
Langsam ließ sie ihren Shadifhengst in den Trapp fallen und drehte sich um, um nach Frederico ausschau zu halten. Heute hatten sie Fiona und Zaya nicht mitgenommen. Thara liebte es so viel mit ihrer Familie zu unternehmen. So oft waren sie getrennt. Aber nicht jeder hatte die Wahl oder die Möglichkeit mit seiner Familie in einem trauten Heim zu leben. Also genoss sie die Zeit mit ihnen in vollen Zügen. Sie verbrachte viel Zeit mit Frederico auf dem Fechtplatz, um neue Techniken zu lernen, ging mit ihren Kindern spielen oder ritt aus. Oft war sich auch in den ansässigen Tempeln unterwegs, um sich mit dem ein oder anderen Geweihten zu unterhalten. So gelang es ihr meist auf andere Gedanken zu kommen.

Thara lächelte als sie einen Knopf an das Kuscheltier nähte und es so vollendete. Morgen wurden Zaya und Fiona drei Jahre alt und Thara konnte endlich einmal mit ihnen Feiern. Mama Vascagni hatte schon einen Kuchen gebacken. Sie hatte zwei Bären für ihre kleinen genäht und sie mit Bausch ausgestopft. Sie sahen den Hollerbären des Kosch ähnlich und einfach drollig aus. So schlimm alles auch stand, der morgige Tag wird ein schöner werden.

Ende Firun
Thara schaute aus dem Fenster als der Bote Frederico die Nachricht übergab. Auch ohne den Inhalt zu kennen, wusste sie das die ruhigen Tage mit der Familie in Ragath vorbei waren. Sie fing an ihre Sachen zu packen.
Das Heer der Mittelreichs sammelte sich in Wehrheim. Die Orks schienen sich wieder zu formieren und gen Süden zu ziehen. Zusammen mit Frederico machte sie sich keine Sorgen heil die Reichsstraße entlang zu kommen. Sie hoffte bald auch die anderen wieder zu treffen. Und dann würde es zur Schlacht kommen. Irgendwann. Gegen ein gewaltiges Orkenheer.
Den Abend verbrachten sie noch einmal mit der ganzen Familie. Zaya und Fiona würden hier bleiben. Zwar verstanden sie nicht genau, was vor sich ging, aber sie wussten, dass es wieder ein Abschied ist. Thara wusste, dass sie bei Mama Vascagni gut aufgehoben waren. Sollte der Krieg gegen den Orks schlecht ausgehen, hätten sie genügend Geld um weiter in den Süden zu ziehen.
Es war ein schöner Tag, als sie ihre Pferde sattelten und gen Norden los zogen.

Thara schaute von der Tribüne des Hippodroms und schaute auf die Soldaten im Rund. Am Tag waren die Sitzplätze großteils frei. Thara wusste nicht wie lange das Freiwilligenregiment noch bestehen wird. Nachdem die Schlacht siegreich beendet wurde, zogen die Truppen bald wieder in das Hippodrom um. Und nun standen alle irgendwo zwischen Traumabewältigung und Feiern. Thara hatte die Verletzungen ihres Haufen und des Banner versorgt. Den Götter sei Danke gab es keine so großen Verluste. Sie holte ein Stück Pergament hervor und begann zu schreiben.

Zitat

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Liebste Fiona, Liebste Zaya, Liebe Mama Vasgacni
Zuerst das Wichtigste, uns geht es allen gut, der Kampf gegen den Orks wurde gewonnen. Ich hoffe euch geht es gut. Wir werden noch eine Weile in Gareth bleiben. Ich werde mich wieder melden wenn ich mehr weiß.
Liebe Grüße, Thara.

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Sie hätte diese Nachricht nie geschrieben, wenn sie nicht wüsste wie die Nachricht überbracht werden sollte. Aber Frederico kannte einige Leute aus dem almadanische Entsatzheer und wusste wer bald zurück gen Ragath ziehen wird. Denn die Beilunker Reiter waren ausgelastet.
Thara würde gern wieder in Ragath bei den Kindern sein. Aber so lang die Orks noch irgendwo im Mittelreich sind, wird es wahrscheinlich keine Ruhe geben.

Zitat

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Liebe Mama Vascagni
Wir werden wahrscheinlich noch länger weg sein. Solange die Orks irgendwo im Mittelreich sind, wird es keine Ruhe geben. Bitte drücke Zaya und Fiona ganz lieb von uns. Man wird sich gut um euch kümmern während wir weg sind und wenn ihr Hilfe braucht. Ich würde gern noch viel mehr sagen, aber ein Brief reicht dafür leider nicht.
Thara

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Die Sonne war längst untergegangen, aber Thara lag noch immer wach. Es lang nicht an den intensiven Trainingseinheiten. Auch nicht an die bevorstehende Mission. Es lag an der Unterredung mit Inquisitor Roderick. Die Warnung vor Oberst Marcian. Sie verstand es nicht. Wie konnte die Inquisition gleichzeitig gegen jemanden ermitteln und ihn zum Führer einer so wichtigen Mission machen? Was wusste Baron Nemrod in Funktion als Großinquisitor davon? Natürlich würde sie die Augen offen halten. Aber genauso wusste sie, dass man bei so einer Mission auch auf Phexens Pfaden wandeln soll und nicht nur die Regeln Praios folgen kann. Und natürlich hatte sie es Frederico erzählt. Die anderen wollte sie nicht beunruhigen, falls wirklich was nicht stimmte.
Die ersten Vögel begannen zu singen als Thara endlich weg dämmerte.

5. Ingerimm 1013 BF

Thara stand am Rand des Schlachtfeldes. Frederico hatte ihr eine Pause vom Lazarett befohlen. Die Schlacht gegen den Orks lag jetzt zwei Tage zurück, die Beerdigung von Marcian einen. Kaum einer der sie jetzt in Arbeitskleidung und blutiger Lederschürze sieht, würde sich an die Dame, die von Prinz Brin geehrt wurde, erinnern. Es gab viele Verluste, viele die Gerettet werden konnten, viele bei denen das Leben nie mehr so wie davor sein wird. Sie hatte Frederico nicht gebeten, beim Kampf aktiv dabei zu sein. Er hätte es sicher nicht gewollt, Thara auch nicht. Die Wölbung des Bauches lies sich kaum noch verbergen, gut das gerade die Meisten anderes zu tun hatten. Gut das der Kampf gegen den Orks vorbei war. Es gab natürlich noch versprengte Gruppen, die durch die Wälder zogen, aber Thara war zuversichtlich, dass auch diese mit der Zeit besiegt werden konnten. Die Wunden waren tief, doch Greifenfurt würde heilen, die Menschen hier ertragen viel und halten durch. Ihr Blick viel auf den Hügel mit der Asche. Hier wurde am gestrigen Tage Marcian die letzte Ehre gegeben. Mögen die Götter nun über ihn richten. Er hatte viel Schuld auf seine Schultern geladen, hatte vieles getan, was getan werden musste. Herr Praios, nehm dich deines gefallenen Sohnes an. Die Gespräche mit dem Inquisitor hatten geholfen. Thara hatte ihn genau das gesagt, was sie auch dem Großinquisitor gesagt, die Wahrheit. Sowohl was sie wusste, was sie vermutete und warum. Auch später hatte er immer ein offenes Ohr für ihre Sogen. Er hatte sich auch für die Hilfe am Palais bedankt, als Zerwas über ihn und Marcian herfiel. Sie hatte sogar mit ihm über ihre Magie geredet. Er meinte solange man im festen Glauben in den Zwölfen ist, sei es in Ordnung. Man soll die Gaben der Götter respektieren und sie im besten Willen und Gewissen für Alle einsetzen. Sie hatte damit etwas getan, was sie nie gedacht hätte, wovor sie immer Angst hatte. Doch es hat sich viel verändert, seid die junge Frau ihre Heimat in der Baronie Nebelstein wegen ihrer Andersartigkeit verlassen hat, um auf dem Markt in Angbar vielleicht eine Anstellung als Falkner zu finden. Dort wo sie keiner kennt. Jetzt stand die Edle de Vascagni, geliebte Ehefrau und Mutter zweier, bald weiterer, Kinder, reich an Geld, Ansehen und Verbindungen, Stabsoffizier des Reiches und Hofdame der prinzesslichen Hoheit im verwüsteten Greifenfurt, um welches sie gekämpft hatte.
Langsam glitt ihre Hand auf die runde Wölbung ihres Unterleibes. Mögen Tsa und Peranine über dich wachen, möge Praios dir ein Licht sein. Noch eine Reise stand vor ihr, bevor es zurück nach Ferdok ginge. Sie musste es einfach Wissen. Der Weg war nicht weit, aber gewiss nicht einfach. Sie war schon seit Jahren nichtmehr daheim gewesen. Und jetzt wusste sie nicht wer oder ob überhaupt noch jemand ihrer Familie lebt.
Thara atmete tief durch und wand sich wieder dem Zelt zu.

Mitte Ingerimm 1013 BF
Der Weg war nicht weit, aber nunmal keine Reichsstraße. Die Pferde kamen langsam und sicher vorran, so dass auch die beiden mitgeführten Orkponys keine Probleme hatten. Es war ein ruhiger, sonniger Ingerimmstag und den Göttern sei Dank war man auf keinen versprengten Orktrupp gestoßen, auch wenn die Gruppe durchaus als wehrhaft zu bezeichnen war. Man hatte die Passstraße verlassen und folgte einen Weg in den kaum besiedelten Finsterkamm.
Dann erreichten sie das Dörflein Elend, welches diesmal seinen Namen alle Ehre machte. Nur noch fünf Häuser, wenn man die meist angebauten Werkstätten und Scheunen nicht mitrechnete, standen noch. Mindestens ebenso viele waren verbrannte Ruinen, die langsam von der Natur zurückerobert wurden. Nur wenige Personen gingen auf dem staubigen Platz ihrer Arbeit nach. Die Reiter hielten auf die Schmiede zu, durch deren offenes Tor ein Junge von vielleicht 14 Lenzen am Amboss zu sehen war. Es war ein einfaches Holzhaus und die Schmiede war in einem steinernen Anbau untergebracht. Eine Reiterin saß ab und ging unter den neugierigen Augen der Dorfbewohner zu der Haustür und klopfte. Nach einen kurzen Moment öffnete eine Frau in Mittleren Jahren in typischer, einfacher Dorfkleidung. Kummer und Sorge, die in ihren Gesicht geschrieben sind, kann sie kaum verbergen. „Den Zwölfen zum Gruße, edle Dame...“ Die Frau stockte. „Thara?“ Wenige Sekunden später lagen sich die beiden Frauen in den Armen. „Pernhilde, ich bin so glücklich dich lebend zu sehen, ich hab mir solche Sorgen gemacht.“ Kurz darauf saßen die Reiter in der guten Stube. Eigentlich bestand das Haus nur aus dieser guten Stube, einer kleinen Küche, einem Schlafzimmer und weiteren Schlafplätzen unter dem Dach (Im Winter schlief man in der Stube, da hier ein kleiner Kamin war). Dazu kam die kleine Schmiede und ein Stall neben dem Gebäude, der aber momentan verdächtig still war. In dieser Gegend ein durchaus ansehnliches Anwesen. Mit am Tisch saß Greiffried, der von seinem Vater das Schmiedehandwerk erlernte und gerade die Schmiede führte, und ein zehnjähriges Mädchen namens Perdia, die zuerst auch etwas zu trinken serviert hatte. Hildegolda, die Älteste, hatte schon geheiratet und war zu ihrem Ehemann in eine andere Ortschaft gezogen. „Thara, es ist alles so schlimm. Erst kamen die Orks, ganz anders als sonst. Es waren so viele und so gut bewaffnet und gerüstet. Ganz anders als die Gruppen die sonst plündern. Sie zwangen uns ihnen zu helfen und ihnen unsere Vorräte zu geben. Und wer ihnen nicht half, der.. du hast die Ruinen gesehn.“ Sie sah kurz zu ihren Kindern und nahm sie in den Armen. „Und nachdem die Orks dann abgezogen sind, kamen Reiter des Barons hier an. Sie haben meinen lieben Ingalf mitgenommen, weil er angeblich den Orks geholfen hatte. Aber was hätte er den machen sollen? Er wollte uns doch beschützen. Du bist doch jetzt eine edle Dame, kannst du nicht mit dem Baron reden?“ Thara nahm sie in den Armen.
Am nächsten Tag folgten die Reiter einen Weg weiter in die Berge. Der Weg war nicht mehr als ein Pfad. Nach ein paar Stunden durch den Gebirgswald erreichten sie einen kleinen Weiler. Zuerst war alles still. Thara stieg ab und ging zu der Tür, an der sie klopfte.

Anfang Rahja 1013 BF

Der Flusssegler hatte Ferdok fast erreicht. Thara saß an Deck und lehnte sich zurück. Ihr Bauch ließ sich nun endgültig nicht mehr verbergen. Der Ritt in die Berge war anstrengender, als sie den Anderen offenbart hatte, aber er musste sein. Die Orks hatten den Weiler Windfels nicht heimgesucht. Was aber nicht hieß, dass er und seine Bewohner ungeschoren aus der Sache heraus kamen. Da man das Dorf und seine Orkbesatzer gemieden hatte, waren an Wintervorräten nur das da, was man sammeln konnte. Normalerweise handelte man mit den Hölzern und anderen Dingen und kaufte sich dafür weitere Vorräte. Dazu kam der strenge und früh ins Land gezogene Winter. Man hatte sogar die Gebirgskuh schlachten müssen, die mit ihrer Zugkraft wichtig für das Überleben den Weilers war. Dennoch verstarb die Angetraute ihres Bruders Raul im Kindsbett. Da waren die beiden Orkponys nur ein geringer Trost. Aber man würde durchhalten, weitermachen. Schlimmes war schon immer passiert. Greifenfurter waren stur und hartnäckig. Thara ließ noch genügend Dukaten da, damit man sich eine neue Kuh leisten konnte, vielleicht auch ein paar Ziegen. Ihr Angebot ihnen ein neues Zuhause im Kosch oder sogar in Almada zu suchen, wurde abgelehnt, dies war ihre Heimat. Auf dem Heimweg konnte sie auch noch dem Baron überzeugen, ihren Schwager frei zu lassen. Die Baronie konnte gerade jede helfende Hand für den Wiederaufbau gebrauchen. Später erfuhr sie auch noch, dass ihr Bruder Praiodan, der als Novize in einem Praiostempel in Ausbildung war, die Besatzung der Orks nicht überlebt hatte. Man hatte viele Verloren, doch Greifenfurt würde überleben.
Nun ging es heimwärts, es wurde auch höchste Zeit. Ein Brief von Tristran lud sie nach Gareth ein, wenn sie Zeit fand. Er müsse ihr jemanden vorstellen.
Doch jetzt freute sie sich auf das eigene Bett, den Garten, die vertraute Küche, auf Zaya und Fiona und all den Anderen.
Sie schloss die Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen.

28. Rondra 1014 BF

Thara kniete im kleinen Garten und kümmerte sich um die Kräuter und Pflanzen, die sie dort anbaute. Bücken konnte sie sich nicht mehr so leicht. Im Hof hörte sie Zaya und Fiona toben, begleitet vom regelmäßigen hämmern aus der Werkstatt. Es war ein schöner, sonniger Spätherbsttag. Plötzlich krampfte ihre Hand sich in der Erde zusammen. Ihr Gesicht verzerrte sich. „Zaya, Fiona, kommt mal schnell her.“ Sie versuchte ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. „Könnt ihr kurz Angrotosch und Papa holen?“ In nu waren die beiden Mädchen weggeeilt. Kurz darauf erreichte der Zwerg mit Schmiedeschütze den Garten. Dort sah er Thara schwer auf dem Boden kniend, ihr Gesicht Schweiß überströmt, die Hände in die Erde gekrallt. „Kannst du mir hoch helfen und Helvi suchen?“ Eigentlich war es gar keine Frage. Gestürzt auf die starke Schulter des Zwerges hatte sie gerade die Tür erreicht, als Frederico sie aufriss. „Bringst du mich hoch? Wir brauchen saubere Tücher und heißes Wasser.“
Keine drei Stunden später lag der kleine Junge in den Armen der erschöpften und glücklichen Mutter. Jetzt durften auch die beiden Mädchen ihr neues Brüderchen begrüßen, bewacht von Mama Vascagni. Der stolze Vater stand wartend daneben, seine kräftige Hand war die letzten Stunden stark beansprucht worden. Helvi hatten dem Neuzugang auch schon im Namen der jungen Göttin begrüßt. Noch schlief der Kleine, doch bald würde er die Wunder der Welt entdecken.
Bald würde seine Mutter ihn der Welt vorstellen und sein Vater viele Briefe an weit entferntere Bekannte schicken. Thara hatte den Namen Marcian Valeroso vorgeschlagen. Eigentlich wollte sie einen greifenfurtischen Namen, doch sie hatte es sich anderes überlegt. Sie hatte immer mit den Entscheidungen Marcians gehadert. Durch die Gespräche mit Inquisitor Anshelm hatte sie es akzeptiert, aber erst durch Marcians Tagebuch verstanden. Er hatte nicht nur sein Leben sondern auch sein Seelenheil in die Waagschale geworfen. Mögen sich die Götter ihn erbarmen.
„So das ist genug. Alle raus hier und lasst die Beiden etwas ausruhen.“ Mit dieser Aussage trieb Helvi die Leute aus dem Schlafzimmer.