Steckbrief

Im Schein des Lagerfeuers spiegelte sich leicht im Metall der Mundharmonika. Mit dem Daumen fuhr DJ vorischtig über die Gravur. Es war noch nichtmal ein Jahr her. Ein Jahr in dem so unglaublich viel passiert war. Vielleicht sollte sie mal lernen auf ihr zu spielen, so wie er so oft am Lagerfeuer. Vielleicht war es auch der Grund, warum seine Frau wollte, dass sie sie behielt. Aber hier im Lager mit all den Leuten würde sie nicht zu üben beginnen.
Das Lager hatten sie unter einem Überhang errichtet, nicht weit weg von den Schienen.
Also packte sie das Musikinstrument wieder in ihre Tasch. Dabei viel ihr das Tagebuch in die Hand. Sie musste gut darauf aufpassen, denn was sie hineinschrieb war durchaus gefährlich. Nicht nur für ihr. Vielleicht war es doch keine gute Idee, doch nach all den Jahren, wo sie ihre Vergangenheit am liebsten vergessen wollte, war sie jetzt an einem Punkt, wo sie das Bedürfnis hatte, Gedanken und Gefühle aufzuschreiben. Irgendwie niederzulegen, zu konservieren.
Vielleicht war es Paranoia, aber trotzdem sollte niemend, vor allem niemand Offizielles umbedingt erfahren, was ihnen so passiert war. All die ungewöhlichen, übernatürlichen und seltsamen Gegebenheiten von Blutwölfen, Geistern, Hirnkäfern, Monstern, Blutritualen, Todessekten oder Rieseninsekten. Einerseits hatte sie das Bedürfnis es niederzuschreiben, gerade auch damit es nicht vergessen wird und vielleicht in Zukunft hilfreich sein kann. Andererseits könnten bestimmte Leute ihr damit einen Strick drehen, oder sie gar als verrückt abstemplen. Was sie auf eine andere Sache brachte, Giselle. So ganz war sie sich immer noch nicht sicher, wie sie damit umgehen soll. Es war nicht so wie mit Quentin, ganz gewiss nicht. Trotzdem war es irgendwie ein gutes Gefühl wieder jemanden nahe an sich ran zu lassen. Dagegen stand die Angst, die Angst aus dessen Grund sie so lange niemanden an sich ran gelassen hatte. Die Angst wieder jemanden zu verlieren, wieder ein Stück vom Herzen zu verlieren und weiter in die Schwärze abzurutschen. Aber sie war jetzt schon eine ganze Weile mit dieser seltsamen Gruppe zusammen, diesen komplett inhomogenen Haufen. Und irgendwie leben sie alle noch. So lange war sie schon sehr lange nicht mehr mit ein und derselben Gruppe unterwegs. Vielleicht hatte sie wirklich ein neues Leben gefunden. Vielleicht ein neues Leben mit Giselle. Auch wenn es gefährlich ist. Ein bischen Gefahr machte die Sache doch erst interessant.
Ordentlich verschloss sie die Tasche wieder und wickelte sie unter die Decke, das ganz besonders die beiden Lausbuben nicht ran kamen. Dann wendete sich sich wieder ihrer Wach zu.