Charakterwerte

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Matrixpersona

4.2.2079 ca. 16Uhr Dachgeschosswohnung in Bergedorf

Zitat

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Regen prasselte gegen die Fensterscheiben in den Dachschrägen. Der Raum lag im Zwielicht. Ein schmaler Ork lag auf einer Couch und sah in die Luft. Er hatte offensichtlich japanische Gesichtszüge und seine Geheimratsecken hatte er nach hinten ausrasieren lassen, so dass seine Frisur entfernt an die eines Samurai erinnerte. Sein grünes Unterhemd und graue Jogginghose waren faltig, als ob er sie schon viele Tage lang an hätte. Auf den Oberarmen waren die Schweife von Drachen zu sehen, die sich scheinbar in Richtung Rücken erstreckten. Der Ork wischte etwas beiläufig mit der Hand zur Seite und griff mit der linken nach einem Becher, der auf dem Couchtisch stand. Nach einem beherzten Schluck prustete er den Inhalt in die Luft, als ob das was er getrunken hatte, nicht das war, was er haben wollte. Etwas ungläubig sah er auf das Display seines Cyberdecks. Als er feststellte, dass er seinen Soykaf seit 6 Stunden stehen hatte. Dabei hatte er nur kurz an den Angriffsprogrammen seiner Persona herumprogrammiert. Wenn er nun das Programm Gabel aktivierte, zog seine Persona ein zweites Schwert. Bei Hammer nahm sie einen Tetsubo zur Hand. Insgesamt waren die Bewegungen nun flüssiger, auch wenn jemand ohne VR-Unterstützung und einer guten Datenverarbeitung die Unterschiede kaum wahrnehmen würde.
Er ging zum Fenster und öffnete es. Kalte, salzige Luft wehte ihn entgegen. Hamburg zeigte sich an diesem Tag von seiner unfreundlichen Seite. Die Leute huschten so schnell sie konnten von einer trockenen Stelle zur nächsten. Drohnen schwirrten durch die Luft. Auch wenn Hamburg nicht den Flair von Neo-Tokio hatte, so war der Luftverkehr der Drohnen ähnlich dicht. Der Ork konnte ihre AR-Signale gut erkennen. Ares-Entertainments neuste Serie "Game of Globes" startete Anfang nächsten Monat, Shiawase-Computer stellt sein neustes Kommlink vor, Opel startet eine Finanzierungsoffensive, und ähnliche Nachrichten fluteten über die digitalen Schnittstellen seines DNI.
Die Agentin seines Cyberdecks, eine menschliche Kunoichi mit beträchtlicher Oberweite, wieß ihn darauf hin, dass Porkas ihn eine Nachricht geschickt hat. Die Nachricht informierte ihn darüber, dass das Geld des letzten Auftrags bei ihm angekommen sei und er es wie üblich auf die Konten verteilt. Der Decker hatte mit dem Hobgoblin, der zudem sein Schieber war, nur rein geschäftlichen Kontakt. Wie er eigentlich mit jedem nur rein geschäftlichen Kontakt hielt. Denn kaum hatte er sich an Leute gewöhnt, starben sie, oder entdeckten das Geheimnis des japanisch stammigen Orks. Er trug den MMVV-Kriegerstamm in sich. Nur dank eines Doktors, den er damals mit einem Team extrahieren sollte, hatte er die Infektion überlebt, ohne zu einem Ghul zu werden. Ob die Rettung seines Lebens wirklich ein Segen war, mochte der Decker kaum zu beantworten, da die Erkrankung alle sozialen Kontakte sabotierte. Nur in der Matrix konnte er sich einfach fallen lassen, da nicht die Gefahr bestand, irgendjemanden zu infizieren, außer mit Computerviren. Sein Geld hatte er seit dem dazu investiert, sowohl persönliche Kontakte gering zu halten, als auch sich ohne Körperkontakt zu verteidigen. Niemand hatte es seiner Ansicht nach verdient, ein Ghul zu werden.
Die einzigen die ihn nie dafür ausgrenzten, dass er infiziert war, waren die Infizierten selbst. Wobei dies auch nicht immer stimmte. Manch einer glaubte ihm nicht, weil er keine Umwandlungserscheinungen hatte. Die Anonymen Infizierten hatten ihn in der Anfangsphase geholfen, aber auch unter ihnen war die Akzeptanz für einen nicht verwandelten Infizierten gering. So entschied sich der Ork wieder allein durch die Schatten zu schleichen und die Schatten mit seinen Decker- und Riggerfähigkeiten zu unterstützen. Der harte Nuyen war bisher sein einziger Verbündeter um aller Art an Dienstleistungen zu erhalten, eingeschlossen körperlicher Dienste bei Ghulinen. Seine Lieblings Ghulin war Natasha. Sie hatte keine Angst vor ihm und bot ein reichhaltiges Angebot. Nur der Ort ihres Gewerbes war unwegsam zu erreichen. Sie wohnte in einem Nebentunnel des alten U-Bahnnetzes. Sie zahlte an einen Typen namens Schaffner ihre Abgaben, dafür sorgte er für Ruhe. Der Ork hinterfragte das nicht. Warum sollte es bei MMVV-Infizierten anders sein, als anderswo in Hamburg.

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...to be continued

10.4.2079 ca. 22Uhr, Hamburg Unterstadt

Zitat

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Ein leises Platschen der Wellen der Elbe waren das einzige, was neben den Geräuschen des blühenden Lebens in Hamburg Mitte, zu hören war. RICKYÚ war durch einen Hinterhof, in dem sich eine uralte Telefonzelle befand, in die Unterstadt hinabgestiegen. Die Telefonzelle verbarg unter ihrer Bodenplatte eine Leiter, die eigentlich für Wartungsgänge zur Beobachtung der Platte-Mitte gedacht waren, aber Aussteiger nutzten sie als nicht überwachten Transferpunkt, um von der Unterstadt nach Mite zu kommen. Der Ork hatte ein Etablisement im Visier. Das Naggy Bones wirkte von außen wie jede andere Kascheme in der Hamburger Unterstadt. Voll gepackt mit Tags, AR-Werbung, Neon-Reklame und Grafitis. Es gab keinen Türsteher und auch keine Squatter vor den Türen. Dies war für Unterstadtverhältnisse bemerkenswert, für das Naggy Bones normal, denn niemand mit allen Tassen im Schrank ging dort hin. Das Naggy Bones war eine MMVV-Kneipe.
RICKYÚ war schon öfter hier. Die "normalen" Drinks waren recht ausgefallen und sündhaft teuer, die billigen Drinks, wie man sie auch auf der Platte bekam, waren in Ordnung. Auch die Küche richtete ihre Angebote eher an die Kunden mit MMVV. Es gab verschiedenste Gerichte von Troll in Aspiek, über Zwergenfinger auf Krautsalat, bishin zu garnierten Elfenohren in Pfefferminzsoße. Das teuerste Gericht nannte sich jedoch Unschuld und kostete je nach MMVV-Typ und persönlicher Vorliebe zwischen 1000 und 10.000 Nuyen. RICKYÚ hat erst einmal mitbekommen, wie sich jemand so etwas bestellt hatte. Dieser Nosferatu wurde in einen Raum neben dem Schankraum geführt und kam nach ca. 15 Minuten wieder heraus. Der Decker wollte sich gar nicht vorstellen, was in diesem Raum vor sich ging.
Ansonsten hatte das Naggy Bones den gleichen Charme, wie andere heruntergekommene Kaschemen in der Hamburger Unterstadt. Schlecht beleuchtet, ein schmutziger Tresen, sehr durchwachsenes, oder auch vewachsenes Personal, und genügend Sitzplätze, dass man die meiste Zeit alleine an einem Tisch sitzen konnte. RICKYÚ mochte das Clientel des Naggy Bones eigentlich nicht. Viele kamen her und lebten ihre Triebe aus, in dem sie ihres gleichen fraßen, oder sich hemmungslos an deren Essenz labten. Jedoch hatte das Naggy Bones einen Vorteil, den sonst kein anderes Etablisement in Hamburg bieten konnte, zumindest ihm bekannte. Er konnte dort ohne Angst einen Drink genießen, denn niemand konnte sich bei ihm anstecken.
Von dem Essen ließ er jedoch die Finger. Er war zwar im eigentlichen Sinne ein Infizierter, aber eben keiner mit einer Expression. Ob dies ein Segen, ein Fluch oder einfach ein schlechter Scherz des Schicksals war, versuchte RICKYÚ schon seit zwei Jahren für sich zu ergründen.
Bei einem gewöhnlichen Bier ließ er seine Gedanken etwas schweifen. Der letzte Auftrag war gut gelaufen. Die Teamzusammensetzung war für ihn etwas ungewohnt. Normalerweise rennt er immer mit mindestens ein bis zwei MMVV-Infizierten. Gerade die physischen Runner erfüllten diese Spezifikation. Diesmal waren es einfach drei Elfen. Eine schwangere Schützin, eine Technomancerin und ein Prügeladept. Sie haben ihre Arbeit gemacht, schließlich waren sie bezahlt worden, aber irgendwie beschlich RICKYÚ das Gefühl, dass diese Leute mehr verband, als nur die Arbeit, zumindest was die Schützin und die Technomancerin betraf. Aber wer war er, als dass er ihre Motive hinterfragte in den Schatten zu ackern und sich erschießen, zerstückeln, Hirn rösten oder eine x-beliebige andere Todesart angedeihen zu lassen. Sie würden wahrscheinlich genauso in den Schatten sterben wie er selbst. Zumindest darin war sich RICKYÚ sicher. Für ihn gab es kein Leben außerhalb der Schatten. Zu groß war die Hürde ein normales Leben mit MMVV III im Blut zu führen.
Er war vorher kein Mitglied der normalen Gesellschaft, aber hatte wenigstens die Chance eins zu werden, aber nach seiner Infektion in einem Labor von Shiawase hatte sich sein Leben grundlegend verändert. Ein etwas unorthodoxer Arzt, Dr. Hideoka, sorgte dafür, dass er die Infektion untransformiert überstand. Dafür musste RICKYÚ ihm ein paar Daten von Konkurenten besorgen. Seit dem Tag zieht RICKYÚ mehr oder weniger alleine durch die Schatten. Alte Weggefährten wandten sich ab oder starben. Aus Angst vor Zurückweisung oder unbebabsichtigter Infektion lebte er mehr und mehr über seine Drohnen und dem Cyberspace. Körperliche Nähe in der realen Welt konnte er sich nur für viel Geld bei entsprechend infizierten Prostituierten suchen. Natasha war aktuell die, die seine harten Nuyen für Liebesdienste tauschte. Der Ork war bei seinem ersten Treffen erstaunt gewesen, wie wenig die Infektion ihr zugesetzt, oder der Chirug nachgeholfen hatte, als er sie das erste mal sah. Die Krallen und Zähne waren zwar da, aber ihre Augen, die Haut und auch Haare wirkten unverändert. Auf diverse Sexualpraktiken würde er sich mit ihr jedoch trotzdem nicht einlassen, da ihm etwas an seinen Körperteilen lag.
RICKYÚ trank aus und schlenderte aus dem Naggy Bones. Ein paar gemurmelte "Bis Morgen" und "pass auf dich auf, Fleischsack" gab RICKYÚ zumindest grundliegend das Gefühl, ein paar Bekannte unter den MMVV-Infizierten zu haben, die ihn nicht sofort fressen würden, wenn er in der Gosse liegt. Aber er musste jetzt nach Hause, eine neue Runde "Freedomfighter Unite - War against Lantaz" erwartete ihn.

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