Einige würden sagen ihr Kopf schmerzte, als wäre ein Auto darüber gefahren, aber die Beschreibung 'eine Bombe explodiert' passt besser. Diese Beschreibung entsprach auch dem Aussehen des Raums, in dem sie erwachte. Die drei Leichen, in Chemieschutzanzügen gewandet und von nicht schön anzusehenden Löchern durchzogen, trugen nicht zur Aufwertung des Trümmerhaufens bei. Doch schließlich übertraf die Verwirrung den Schmerzen. Wo war sie? Was ist hier passiert? Warum trug sie so einen komischen Schutzanzug? Und wer zum Teufel war sie eigentlich? Auch die Anzeige vor ihrem geistigen, oder eher doch maschinellen Auge, in der ihr ein Vitalmonitor mitteilte, Knochen und Muskeln seien nicht verletzt, konnte sie nicht wirklich erfreuen. Naja vielleicht ein wenig beruhigen. Aber wirklich geholfen hat die Waffe, die sie neben ihr fand. Eine Ares Executive Protector, eine Maschinenpistole, vertraut, irgendwie. Die Leichen gaben nach genauere Untersuchung auch nicht mehr als drei Kommlinks, drei schwere Pistolen vom Typ Browning Max-Power und noch eine Ares Executive Protector preis. Nicht wirklich was Interessantes oder etwas was irgendwas erklären würde. Achja die Kopfschmerzen waren immer noch da. Sie packte die Sachen ein, könnte man sicher immer mal gebrauchen und verließ das Zimmer. Aus der Foyer hatte jemand, oder eher etwas, eine freiluft Atrium gemacht. Wo war sie nun hier gelandet. Draußen sah es nicht besser aus. Irgendwas an ihren Schutzanzug gab eine erhöhte Strahlung an. Autsch. Scheinbar hatte irgendjemand hier eine Atombombe gezündet, das ganze sah irgendwie wie eine ehemalige Stadt aus, und zwar eine Große. Erstmal wo hin kommen. Eine kurze Abschätzung ergab eine Richtung, die wahrscheinlich vom Zentrum der Strahlenquelle weg führt. Sie marschierte los.

Eine einzelne Gestalt im Schutzanzug, die durch eine zerstörte Stadt läuft. Die Häuser teils eingestürzt, die Straßen nur mit Autoleichen bevölkert. Staub und Schutt und sicher bläst irgendwo der Wind einen Steppenläufer herum, oder in der Stadt wohl eher ein Tuchfetzen. Nur der Atompilz im Hintergrund fehlte, was wohl besser ist. Dann durchbricht der Lärm eines großen Fahrzeuges die Stille der Zerstörung.

Als die einsame Gestalt den Ursprung des Lärms erreichte, stand sie vor einem Roadtrain, der in ein mit Stacheldraht und Gitterzaun gesichertes Gelände fuhr. Erst wurde sie rüde zurückgewiesen, dann von einen Wachsoldaten zu der Medizinstation. Dieser konnte der Suchenden auch nicht viel weiterhelfen. Wenigstens zeigte sich ein Aufruhrbekämpfungspanzerung, die sich unter dem Schutzanzug verbarg. Da sie aber gerade nicht viel anders zu tun hatte und man Helfende suchte, wendete sie sich an den Leutnant Kopfberger, der MET2000 Offizier, der das Lager führte. Er meinte die fehlende Sin und die fehlende Kenntnis von irgendwas seien nicht so wichtig und er trug sie als Freiwillige mit den Namen Jane Dohe ein. Nicht besonders Kreativ, aber was erwartet man von einen Berufssoldaten. Der Cowboy im Lager glaubte ihr ihre Geschichte nicht, warum auch, sie glaubte sie ja selbst kaum.
Jetzt hatte sie was zu Essen, einen Schlafplatz, Ausrüstung uns Munition und eine Aufgabe. Der Spiegel in der Unterkunft zeigte ihr das Bild einer gebräunten Orkin mit einem rechten Cyberauge. Cyberimplantat können ganz praktisch sein, aber das werden die nächsten Tage zeigen. Die schwarzen Haare waren auf der rechten Seite schulterlang und auf der linken kurz geschoren, wobei die Mitte nicht mittig ist sondern nach links verschoben. Ein kleines Loch am rechten Ohr gab den Platz eines Ringes preis, der sich aber momentan nicht dort befand. Nichts gab einen Hinweis oder eine Erinnerung, kein Geistesblitz, keine Flashback.
Die nächsten Tage verstrichen zwischen der Dekontamination und der Technik, es stellte sich nämlich heraus, dass sie mit Elektronik und Datenverarbeitung nicht unbedarft war. Wenn man instinktiv ein Kommlink mit der Datenbuchse verbindet, kann man das jedenfalls grundsätzlich davon ausgehen. Je mehr Tage verstrichen umso mehr schien sie auch der Cowboy, der Joker genannt wurde und eine Gruppe Freiwilliger mehr oder weniger anführte. Zwei von diesen, Paule und Lady, was ist Lady bitte für ein Name, aber gut, man selbst hatte ja auch keinen, arbeiten mit in der Technik unter der Leitung, und was für eine, einer MET-Soldatin. Keiler, ein Ork und Rigger, fuhr meist Versorgungsfahrten und schaute manchmal bei der Technik vorbei, arbeite mit bei Drohnentechnik.
Die anderen dieser Freiwilligeneinheit traf sie erst richtig als Paule sie zu einem Treffen mit nahm, ein Treffen in der Lagerhalle, ein Treffen bei dem besprochen wurde, ob man Personen aus der zerstörten Stadt schmuggeln sollte, gegen den Anweisungen und Regeln, für viel Geld. Doch dann kam ein Auftrag des Leutnants dazwischen. Es wurden Versorgungstransporte überfallen. Man sollte etwas unternehmen. Man unternahm was.
Der Lastwagen, besetzt mit den Kämpfern, namentlich der Hase Rodger, Joker, den unintelligenten Minotaurus Polly, Paule und den Magier Spitzzahn, gefahren von Spaceboy oder Ikarus, je nachdem wer ihn anredete. Man selbst, mit Keiler und einer Magierin namens Kitty, die definitiv keine Kätzchen ist und mit einem Hundewelpen im Schutzanzug durch die Gegend läuft, im Roadmaster. Man achtet auf Ladys Aussage: Traue den Magiern nicht!

Ein Transportlastwagen fährt durch das zerstörte Groptiusstadt. Die Straßen sind zerstört, von kaputten Fahrzeugen blockiert. Es bahnt sich einen Weg, muss rangieren und umwenden, doch kommt voran. Gespanntes Warten vom Fahrer und den Kämpfern. Die Zeit vergeht.
Im Roadmaster werden Signale aufgeschnappt. Kommlinks, Gespräch, TakNet, Schüsse.

Hacken konnte sie, so ließ sie die vier nicht gesicherten Kommlinks abstürzen, die Kommunikation der Angreifer unterbrechen, warum hatte sie selbst nicht dran gedacht ins eigene TakNet zu kommen? Woher hätte sie von dessen Existenz wissen sollen? Also wird alles über Keiler geschickt. Keiler räumt den Troll weg, der die Laderampe öffnen wollte, dann geht der Kampf los, kurz und effektiv. Ein Smartlinkknoten einer AK wurde gefunden, erst der Ladestreifen ausgeworfen, dann blockiert, dann markiert. Interessante Dinge eingeräumt und weiter bis ins Lager fahren. Schnell und einfach. So schlecht ist das momentane Leben nicht.

War sie zu hart gewesen. Vielleicht hatte Hauptgefreite King auf ihr abgefärbt, aber ihr war der Kragen geplatzt. Eigentlich wollte sie sich zurückhalten. Schließlich war sie neu in dieser Gruppe Söldnern. Aber irgendwie wusste sie, wie sie handeln musste. Sie hatte lange überlegt, ob sie in ihrem früheren Leben vielleicht Soldat oder etwas ähnliches war. Aber ihre Ausrüstung passte nicht, sie war zu individuell. Auch hatte sie keine Spuren von Abzeichen oder so etwas gefunden. Also Freischaffender Söldner? Shadowrunner? Sie hatte sich bis jetzt nicht getraut eine DNS-Übereinstimmung oder Fingerabdrücken in der Matrix zu suchen, auch keine Bilder. Zu einem würde Eisenbeißer King wieder toben, wenn sie was 'nichtoffizielles' machte, zum anderen gab es eine gewisse Furcht etwas zu finden. Sie brauchte einen freien Zugang, nichts was man in Berlin momentan finden konnte.
Vor dem geistigen Auge ließ sie noch einmal die Liste erscheinen, was sie von sich wusste. Leider viel zu wenig.
Wenn man nicht in die Vergangenheit sehen kann, schau in die Zukunft. Sie hatte Geld verdient, sollte mit dem Leutnant vielleicht wegen einer vorläufigen Sin reden. Vielleicht auch nicht. Das Leben war hier nicht schlecht, um sich einen Neuanfang zu schaffen. Die Gruppe war ganz in Ordnung. Joker schien sehr kompetent zu sein, genauso wie Keiler. Polly tat das was man ihm sagte, solang es langsam und deutlich erklärt wurde. Rodger war etwas gruselig, aber durchaus fähig. Er hatte den letzten 'Auftrag' besser beendet als Anfangs befürchtet. Mit Paule und Lady kam man gut zurecht, ruhig und man konnte sich auf einem Gebiet unterhalten ohne persönlich zu werden. Spaceboy oder Ikarus war seltsam kühl und distanziert und schien seine Fähigkeiten zu überschätzen, wenigstens wenn es ums fahren ging. Und die beiden Magier. Lady hatte sie gewarnt, scheinbar war irgendetwas vorgefallen, irgendetwas was mit der momentanen Situation zu tun hat. Spitzzahn war ruhig und professionell, Kitty dagegen war emotional, schien sich nur um ihre Hunde zu kümmern. Nicht das Hunde stören wurden, glaubte sie, aber man sollte doch bei dieser Aufgabe andere Prioritäten setzen. Wenn es ein Kampfgebiet wäre, könnte man Such- und Kampfhunde sicher gebrauchen, aber hier? Sie erzählte was von Vertrauten, aber was sollte das sein. Wenn es doch wenigstens einen freien Matrixzugang gäbe, dann könnte man sowas nachforschen.
Leise Musik säuselte im voll-klimatisierten Technikzelt. Draußen war es ziemlich heiß für Juni. Technik mochte keine Hitze. Sie beendete ihre AR-Lektüre über die Standart-Rationen der Bundeswehr und tauchte wieder ins VR ab. Weiterarbeiten.

Der Raum, wenn man ihn so nennen wollte, war weiß. Eigentlich war es gar kein Raum. Zwar eine Decke und einen Boden, aber keine Wände. Nur eine unendliche Ausdehnung. Ein Auswahlschriftzug zeigte sich vor der Frau, die dort stand. Die Schrift stellte eine Aussage in den Raum: „Bitte wählen sie einen Waffentyp“. Die Hand glitt zu einen Feld und tippte darauf, jedenfalls hätte sie es, wenn es Substanz gehabt hätte. Fangen wir leicht an. Sie wählte eine Ares Executiv Protector, die vor ihr erschien. Sie griff danach. Ein paar Einstellungen weiter veränderte sich der Raum. Jetzt war es ein Schießstand. Sie legte die Waffe an und schoss, nachdem ein Startsignal ertönt war, auf die erscheinenden Ziele. Sie nickte zufrieden und wechselte in den Waffenauswahlmodus.
Das Programm, das Jane von Gefreiter King bekommen hatte, war zwar einfach, aber fachlich sehr gut ausgearbeitet. Jane hatte beschlossen, nicht länger auf ihre Erinnerungen zu warten. So wurde sie nur eine Gefahr für die Einsätze.
Und was gab es besseres als VR-Übungsprogramme. Vor allem bekam man sie über die MET kostenlos her.
Sie hatte auch eine andere Idee. Einen kleinen Server aus den alten Kommlinks zu bauen, Paule half sicher, ein paar Übungs- und Lernprogramme drauf spielen und ihn den Überlebenden aus Keilers Unterkunft zu Verfügung zu stellen. Viele hatten dort wieso nicht viel zu tun und Langeweile konnte gefährlich sein. Keiler hatte ihr auch was anderes Vorgeschlagen. Scheinbar kannte er eine vertrauenswürdige Straßenärztin, die sich die Cyberware mal genauer anschauen könnte. Ein Scan mit dem Walkyremodul sollte eigentlich für genügend Daten reichen.
Jane, wie sie mittlerweile jeder nannte, lag auf ihrer Pritsche im Schlaflager und ging gedanklich die Liste mit den Simulationen durch. Hoffentlich ging das alles noch lang genug gut.
Die Situation in Berlin konnte nicht gerade als stabil oder sicher betrachtet werden. Die Rationierung, die Mauer, die Glowpunks. Wenigstens konnte man hoffen das die Gerüchte stimmen und das Saeda-Krupp bald die Versorgung übernimmt.
Aber was wenn es nicht funktioniert, wenn das Lager abgebrochen wird. Wenn die Anderen beschlossen, die Stadt zu verlassen? Würden sie sie mitnehmen und einen Schlafplatz geben? Die Anderen hatten wahrscheinlich Wohnungen oder Unterkünfte. Was hatte sie? Nichts an den sie sich erinnern konnte. Die anderen hatten Freunde, Bekannte, vielleicht sogar Verwandte. Sie hatte nur ein leeren Gedächtnis.
Alles was sie hatte war hier im Lager. Sie hatte die gefundenen oder eher erbeuteten Waffen in einer Kiste im Lager, die Soyriegel hatte sie behalten, für den Notfall. ... Verdammt, sie brauchte mehr Geld. Sie brauchte die Aufträge hier. Wenn sie schon keine Vergangenheit hat, dann wenigstens eine Zukunft.

Abend des 1.7.2074
Lady war endlich eingeschlafen. Jane war nicht wirklich gut in sozialen Sachen. Sie hätte wohl kaum die richtigen Worte gefunden, aber eine starke Schulter um sich daran auszuheulen, jemanden, der einfach da war und zuhörte, das konnte sie. Bei den Auftrag war bei weiten nicht alles nach Plan gelaufen. Spitzzahn. Sie kannte ihn nicht wirklich und Lady hatte sie ja vor den Magiern gewarnt. Man wusste, dass man in diesem Job mit seinem Leben spielt, trotzdem verdiente er dieses Ende nicht. Joker hatte das einzige richtige getan, nach allem was sie über Strahlung wusste, und das war nicht viel. Lieber kurz als lang und qualvoll. Der neue Magier, von Spitzzahn geradezu aus dem Grab empfohlen, schien kompetent zu sein, mehr würde man in der Zukunft erfahren.
Die Zukunft. Sie hatte keine Vergangenheit, keinen Namen, keinen Kontakte. Langsam gewöhnte sie sich an den Namen Jane. Er klang nicht falsch, aber auch nicht richtig. Auch andere Dinge entwickelt nicht so wie erhofft. Der Abzug der MET brachte das Problem der Unterkunft und Versorgung. Momentan war sie bei Keiler untergekommen oder in Jokers Roadtrain, aber das konnte nicht so weiter gehen. Aber wenigstens hatte sie jetzt ausreichend Geld für eine Weile. Wie lange würde man noch in Berlin bleiben, wohin zog es die anderen, wie würde es weiter gehen?
Joker und die Anderen, Keiler, Kitty, Ikarus, Rodger und auch Lady haben etwas persönliches gegen dieser ominösen Sekte. Ein schief gegangener Auftrag, ein Absturz und nur das knappe überleben und die Bombe. Ladys Cyberbeine schienen recht neu zu sein. Allerdings ging Ladys Zorn eher gegen die Magier, oder gegen Kitty die noch 'übrig' war.Doch es schien, dass diese Sekte hinter der Atomexplosion steckte und irgendwie auch die russische Armee. Würden sie diese ewige Flamme noch erledigen wollen, die doch hinter dem allen stand? Wäre dann das Kapitel Berlin für ihnen geschlossen, oder wollten sie hier noch länger bleiben. Wie lange würde es hier noch Aufträge geben? Und dann wohin?
Jane musste mehr über sich herausfinden. Keilers Angebot für die Überprüfung der Cyberware annehmen. Und dann die Matrix durchsuchen. Wenn sie Zeit hat. Momentan war sie noch am Informationen über die Russen und das Lager heraussuchen. Um so mehr Informationen, umso sicherer der Angriff. Man würde diese Kanone zerstören. Und dann? Vielleicht sollte sich Jane auch einen Anhänger für den Roadtrain besorgen, vielleicht mir Lady zusammenlegen, oder mit einen anderen. Vielleicht mit einer kleinen Werkstatt? Und dann ein Leben auf der Straße? Oder doch irgendwo einen Basis, ein 'Zuhause'? Vielleicht ein Teil des Geldes investieren und so eine Vorsorge für schlechtere Zeiten haben? Vielleicht möchte Panda, wenn man Berlin irgendwann verließ, wieder einen Laden eröffnen und man könnte da was machen. Vielleicht auch eine andere Möglichkeit, man würde sehen, was die Zukunft bringt.
Die nahe Zukunft brachte sie woanders hin.

Zitat

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Fast lautlos bewegten sich die Spinnenbeine über das Pflaster des Roten Platzes auf die Bibliothek zu. Der metamenschliche Oberkörper steckte ihn einer Offiziersuniform der roten Armee. Das Gesicht war unter der Uschanka nur undeutlich zu erkennen, nur die beiden Kieferklauen stachen hervor. Sie betrat die kleine Bibliothek und begann nach Daten zu suchen.

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Ein steiniger Pfad der den Berg hinaufführt. Dort ein kleiner Rastplatz. Die Sommersonne brennt auf die Metamenschen hinunter. Eine Person in einfacher Sportkleidung jockt den Pfad entlang, hält an einem Rastplatz und schöpft Atem. Der Rhein fließt tief unten ruhig in seinem Bett, das silberne Band lässt sich verfolgen, bis es im Horizont verschwindet.

Jane schnaufte tief durch. Sie musste noch etwas trainieren, um fit zu bleiben. In Berlin gab es kaum eine Chance dazu, jedenfalls war es unter der Atemmaske nicht ganz so leicht. Aber dieses Kapitel schien zu Ende zu gehen. Nach dem Angriff auf das Russenlager, schienen sich diese zurückzuziehen. Die MET hat scheinbar mit der Information über die Schmugglerrouten den Anführer der Sekte ausgeschalten. Nachdem auch noch die wichtigen Versorgungsquellen versiegten, war die Sekte ihrem Untergang geweiht. In Berlin gab es nicht mehr viel zu tun. Eigentlich gab es noch genug zu tun, aber nichts mehr was in ihre Berufsfeld passte. Joker hatte sich in den Urlaub verabschiedet und vorgeschlagen danach in der Nähe Hamburgs einen kleinen Elektroladen zu eröffnen, als Teil eines Bauprojektes von ihm. Die anderen hatten erzählt, dass er schon mal erfolgreich einen Club in Berlin hatte. Es wäre eine Möglichkeit. Aber erstmal gab es mehr über die Vergangenheit herauszufinden. Keiler hatte sie mit in den Schwarzwald eingeladen und sie hatte angenommen. Dort hatte sie auch Dana, die Schattenärztin kennen gelernt. Sie hatte die Cyberware untersucht. Es hat zwar nichts aufregendes Neues erbracht, aber man wusste wenigstens, wo man stand.
Natürlich war die Suche in der Matrix Zeitaufwendig. Sie hatte ein Bild, eine Persona, aber sonst nicht viele Ansatzpunkte. Dennoch wurde sie im Jackpoint fündig. Dort stand etwas von einer Runnerin namens Arachne, einer Kampfhackerin für schnell Zugriffe. Sie sei Mitglied des Teams Arachno Phobia, das bekannt für Aktivität im politisch motivierten Sektor, zumeist Extraktion-, Bodyguard- und Zeitgewinnungsjobs, sei. Der Verbleib des Teams sei, seid der Annahme eines Auftrags für einen Politiker in Berlin, ungeklärt, wahrscheinlich Tod.
Wo sie wenigstens teilweise recht haben.
Mitglieder von Arachno Phobia sind, oder eher waren, die Hackerin Arachne, der Streetsam Tarantel, der Infiltrator/Unterhändler Black Widow und der Rigger Spider.
Genaueres konnte Jane nicht herausfinden, vor allem nicht über die einzelnen Mitglieder. Allerdings gab es einen Hinweis auf mögliche Vermittler, einen Schieber in Hamburg und eine in Hannover.
Also gab es noch einen Grund nach Hamburg zu fahren.
Die wichtigere Information war aber, dass wahrscheinlich keine Bindungen oder anderweitigen Pflichten sie an Vergessenes binden würde. Ein Neues Leben, eine neue Sin, ein neues Team. Das alte Team Arachno Phobia ist tot und begraben. In die Zukunft sehen und nicht zurück... oder?
Erstmal würde sie nach Hamburg fahren und sich Jokers Projekt mal ansehen. Sie hatte von Joker das alte Fahrzeug von Spitzzahn bekommen. Es war ziemlich gut ausgestattet und würde ihr bis das mit Hamburg geklärt ist, gute Dienste leisten. Und hoffentlich auch danach. Sie sollte Keiler fragen, bezüglich weiteren Verbesserungen. Und eine gute Firewall einbauen.
Und natürlich auch mit Lady reden.

Janine Reinhardt fuhr mit dem schwarzen Hummer auf das Gewerbegelände vor Hamburg. Joker hatte hier Pläne. Und für Janine, Ladys Idee, da es sich zu Jane abkürzen ließ, ein neues Leben. Die junge, orkische Elektronikerin aus Berlin, die ihre Anstellung in einer mittelständischen Firma und ihre altes Leben durch eine Atombombe verloren hatte. Lady hatte gute Arbeit geleistet und auch versprochen ihr, sie blieb lieber bei Jane, bei weiteren Sins zu helfen.
Sie war nicht in Hannover gewesen. Und sie würde auch nicht zu dem Schieber in Hamburg gehen, jedenfalls erstmal nicht.
Das Geld hatte sie schon an Joker überwiesen. Eine Elektronikwerkstatt, 1000€ im Monat und soviel man bei der Arbeit dort noch verdiente. Bis sie eine kleine Wohnung gefunden hatte, konnte sie noch im Hummer schlafen. Und dann ging es weiter.

Einen Monate später sahs Jane an der Werkbank und lötete ein paar Bauteile zusammen. Lady war ein paar Meter weiter in ihrem ergonomischen Stuhl, welcher auch mit dem zusätzliche Gewicht optimal zurecht kam. Bei Personen, die auch öfters stundenlang in der Matrix unterwegs waren, war ein gesunder Stuhl durchaus wichtig. Jane war auch mit ihr shoppen gegangen. Die Kleidung die Panda ihr besorgte, waren zwar praktisch, aber eine Frau brauchte auch Kleidung die gefiel. Sie selbst hatte sich in ein kleinen Wohnung in der nähe eingemietet, während Lady zusammen mit Panda in einem Container wohnte. Für eine werdende Mutter nicht das Beste, aber Panda würde auch auf ihr Acht geben.
Der Laden war teuer gewesen, aber er war auch praktisch. Und wenn keine Runs da waren, konnte man auch gut hier arbeiten und auf ehrliche Art Geld verdienen. Trotzdem... ein wenig Aufregung wäre eine gute Abwechslung.

Weihnachten scheint vor der Tür, Chanukka auch. Aber keiner von den Cummern schien religiös zu sein. Lady hatte erzählt, dass sie sich trotzdem was schenkten. Mal sehen. So lange kannte sie keinen von ihnen schon. Es sollte schon was nützliches sein, aber auch nicht nur für die Arbeit.
Schließlich packte sie die Pakete.
Keiler bekam den neuesten VR-Flugsimulator, mit den aktuellen Flugzeugen und eigentlich allem was fliegen kann über eine detailreichen Darstellung von Europa. Dazu das Addon 'Luftkampf'. So konnte er gleichzeitig üben und Spaß haben.
Auch Polly bekam ein Spiel. Lenke deinen Helden durch das antike Griechenland und erlebe Abenteuer aus der griechischen Mythologie, ab 6 Jahren. Das sollte er eigentlich hin bekommen.
Für Rodger hatte sie die Aufnahmen des Kampfturniers zusammengeschnitten. Mit Kommentaren aus der Matrix. Dazu das aktuellste Nahkampf AR-Spiel.
Kitty bekam ein Elektrodennetz und eine VR-Rundreise durch verschiedenste Schlösser und Paläste der Welt.
Für Joker hatte sie eine Flasche guten Weines und eine Granate mit weißem Phosphor besorgt. Eines um mit seinen Jungs zu feiern, eines für den anderen Spaß.
Panda bekam einen echtholz Füllfederhalter und ein gesichertes Adressbuch.
Für Lady hatte sie schließlich einen gemeinsames Wellnesswochenende in Franken gebucht, damit sie sich etwas erholen kann.

Weihnachten war ganz schön. Es wurde in Gemeinschaft mit denen gefeiert, die auf dem Hof zurückblieben. Eine kleine, aber feine Runde. Allen die nicht da waren und woanders feierten, hatte Jane schon vorher ihre Geschenke gegeben. Mit wem hatte sie früher gefeiert? Hatte sie eine Familie die irgendwo da draußen auf ihre wartete und sie gerade an diesen Feiertag schmerzlich vermisste? Oder gab es nur ihr altes Team, deren Leichen irgendwo im verstrahlten Berlin verfaulten oder gefressen wurden?
Nachdem der Run erfolgreich abgeschlossen worden war, deckte sie sich mit genügend Sprengstoff in Form von Feuerwerk ein. Natürlich hatte sie Lady auch die Kopie von 'Neal den Orkbarbaren' gegeben und auch allen anderen die es haben wollten. Die anderen Serverplatten sollten auch noch gesichtet werden. Jetzt war Januar und Jane packte. Diesen Monat würde sie in einem medizinischen Tank verbringen. Der Ruf der Schattenklinik war ausgezeichnet. Über VR hatte sie genügend Zeit zu arbeiten. Programme cracken, das Spiel testen und verbessern, die Serverplatten durcharbeiten und virtuell ausschlachten, Lady helfen, Arbeiten für die Arbeit verrichten, noch ein ein paar andere Kleinigkeiten. Vielleicht fand sie sogar Zeit, den Virus zu programmieren, den sie Spitzzahn versprochen hatte. Langweilig würde es nicht werden.
Sie schaute noch mal bei den Anwesenden und besonders bei Lady rein. "So, Anfang Februar bin ich wieder da. Pass derweilen auf dich und den Rest der Chaoten auf."

Den Helikopter hatte sie gerade noch erreicht. Nun sahs sie im Kreissaal der Eiswerderklinik und hielt Ladys Hand. War sie früher schon mal hier gewesen? Sicher nicht im Kreissaal. Joker hatte man ruhig gestellt und konnte so die Vateraufgabe nicht erfüllen. Er wollte unbedingt, das Klein-Dante nahe des verstrahltem Ex-Berlin zur Welt kommt. Für eine Menschen konnte Lady die Hand sehr fest drücken, wenn eine Wehe kam. Die Ärzte meinten aber, es sei völlig normal und alles sehe gut aus. Keiler passte auf Joker auf.
Ein paar Stunden später lag der kleiner Spitzohr in Ladys Armen. Joker war rechtzeitig Wach geworden, um mit seinem Messer die Nabelschnur durch zuschneiden. Fotos wurden geschossen, Panda informiert. Und alles war gut.

Kein Gedanke an die Toten und denen man das Leben zerstört hatte. Keinen an die Tausenden, die der Bombe zum Opfer fielen. Und nur kurz die Hoffnung, das der kleine Elf nicht magisch erwachen würde.

Der moderne, metallene Engel für Dantes Zimmer, bestückt mit etlichen Sensoren und Überwachungstechnik, lag noch in der Werkstatt. Lady würde ihn bekommen, wenn man wieder zu Hause war.

Die Gegend glänzte nicht durch ihre Schönheit, war aber für ihren Zweck angemessen. Jane stoppte, suchte sich einen stabilen Ast und machte ein paar Klimmzüge. In ihren Gedanken, oder ihren Headwarekommlink, nahm sie Keilers Nachricht an. Sie wusste nicht was sie von der Fluchtfahrt halten sollte. Das Wichtigste war wohl, dass sie heil rausgekommen sind. Sie hatte keine Ahnung, wann sie den stillen Alarm ausgelöst hatte, vermutlich am Magschloss. Wenn man die Reaktionszeit mal berücksichtigte. Jack schien schon zu wissen was er tat, seine Tarnung war gut, obwohl wahrscheinlich auch mit Wärmesensoren zu rechnen war. Sie war einfach keine Einbrecherin und Diebin. Mal sehen wie sich das in Zukunft ändern wird. Panda hatte ein paar Aufträge für die neue Söldnerfirma ausgegraben.
Für die IRA in Tír na nÓg Attentate auszuführen klang nicht sehr attraktiv. Man wollte mit der Firma ja eigentlich raus aus den direkten Schatten. Für Tír na nÓg zu arbeiten, einen Elfenstaat, der wie man so hört alle anderen Rassen diskriminiert, war zwar aus persönlicher Sicht nicht die beste Wahl, konnte man aber mittragen. Jakutien war da nicht besser, aber auch nicht schlechter. Beides waren Wach-Aufträge, beides zeit- und bezahlungsmäßig akzeptabel.
Über die beiden Aufträge in Afrika muss man sich noch genauer informieren. In wie weit das auch nur Terrormilizen waren. Die Zerstörung der beiden Stützpunkte klang zwar gut, aber solang man nicht wusste, ob es große Militärstützpunkte waren oder nur kleinere Terrorcamps, nicht einzuschätzen. Die Matrix würde sicher da noch was ausspucken. Man würde Panda fragen, das nächster mal ein wenig mehr Informationen zu sammeln. Man selbst, und sicher auch Lady, würden da behilflich sein.
Mit einem Satz stand sie wieder auf den Erdboden und setzte im Laufschritt ihren weg fort.
Nur ein Narr hätte geglaubt, dass sich gleich alles ändern würde.

Die Spinnenbeine klapperten über den Marmor der Halle und gaben ein unnatürliches Echo. Die Halle glich einem Sakralbau, wenn auch nur einen kleinen. Neben dem Zentralen Gang des Hauptschiffs waren Mosaike in den Boden gelegt. Nur ein aufmerksamer Beobachter hätte bemerkt, wie sie sich leise veränderten und neue Muster bildeten. Durch die Hohen, aber schmalen Fenster fiel licht auf den Weg. Statuen standen wie Wächter an den Seiten. Das Spinnenwesen setzte ungerührt seinen Weg fort, bis es in dem zentralen Bereich kam. Dort, unter einer gewaltigen Kuppel, stand ein Podest auf dem ein Stehpult seinen Platz hatte. Von hier aus sah man in einem der Querschiffe einen gewaltigen Bibliothek. Sie gleich den alten Bibliotheken, wie man sie aus mittelalterlichen Klöstern kannte. Niemand fragte sich, wie dieses Spinnenwesen die schmalen Holzleitern benutzen konnte, die an den Regalen aus dunklem Holz befestigt waren. Das andere Querschiff gleich einer Rüstkammer, obwohl sich dort neben Rüstungen und Waffen auch Werkzeuge befanden. Alle ordentlich aufgereiht in ihren Halterungen.
Das Spinnenwesen mit dem Unterleib einen Spinne und den Oberkörper eines Menschen stellte sich an das Pult, nahm Pergament und Federkiel zur Hand un begann zu schreiben. Erst jetzt konnte man das leise Klicken vernehmen, das hunderte kleinerer Spinnen erzeugten, die über die Wände und Decke des Saales huschten. Ein paar kleinere Spinnen kletterten auf das Pult und legten einige gesiegelte Pergamente darauf. Das Wesen, wie nennen es einfachheitshalber mal Arachne, sah von ihrem Brief auf, stellte den Federkiel weg und nahm die ersten Pergamente. Von manchen Nachrichten betrachtete sie nur das Siegel, bevor sie diese auf dem Boden fallen ließ, wo fleißige Spinnen sie weg trugen. Andere öffnete sie. Ihre Kieferklauen klapperten und schließlich gab sie einen Brief einer warteten Spinne, die ihre Last in die Bibliothek brachte. Kurz darauf wandelte Arachne durch die Bibliothek. Auf einem Fingerzeig hin, brachte man ihr sechs Bücher. Zwei Originale jeweils zweimal kopiert. Ein Blick auf den Einband ließ erkennen, dass beides Wörterbücher waren, eines Arabisch, das andere Somali. Zurück am Pult legte sie den Kopien einen gesiegelten Brief bei. Kaum hatte sie ihn losgelassen, eilten die Spinnen mit der Nachricht weg.
Schließlich begab sie sich in den Chorraum, dort standen einige Sessel und Tische, wo man sonst den Hochaltar erwartete befand sich eine weiße Leinwand. Eine Flasche wurde aus dem Schrank am Rand genommen, dazu zwei Gläser. Sie erwartete Besuch.

Jane hatte ihre Waffe und Panzerung gereinigt. Die Panzerung war ein wenig staubig geworden, lang wahrscheinlich an den zerstörten Bunkerwänden. Dann nahm sie sich das erbeutete Kommlink vor.
Einen Tag später betrat das Spinnenwesen einen futuristisch aussehenden Saloon. Es bewegte sich an einer Gruppe Cartoon-Cowboys vorbei, wich einem Pacman aus und wechselte kurz einige Worte mit dem Barmann. Selbst wenn man direkt daneben gestanden wäre, hätte man nichts verstehen können. Zwar gab es Gesprächsgeräusche in der Bar, doch die Einzelunterhaltungen waren verschlüsselt. Sie wandte sich einem Tisch zu, an dem bereits ein Burlesque-Girl sahs. Man umarmte sich kurz und irgendwie schaffte es das Spinnenwesen sich auf den Stuhl zu setzen. 'Ich hab einige Daten aus einer PCC-Forschungsstation. Vielleicht kauft sie wer. Sonst nutze sie nach bestem Wissen.' Die Dame nickte, während eine Mappe über den Tisch wanderte und in der Tasche des Mädchens verschwand. Das Gespräch drehte sich kurz darauf um andere Dinge, Privates, Lustiges, Neuigkeiten, Wetter. Kurz darauf legte das Burlesque-Girl ein Paket auf den Tisch, welches das Spinnenwesen mit einer kurzen Handbewegung in ihrem Chitinpanzer verschwinden ließ. Kurz darauf verließen beide Gestalten den Saloon.
Jane öffnete die Augen. Sie lag auf ihrem Bett und starrte an die viel zu nahe Decke.

Der Feuerball, der sich Sonne nennt, hatte sich gerade über den Horizont geschoben und tauchte den wolkenfreien Himmel in ein kräftiges azurblau. Die Kühle der Nacht war noch nicht ganz von der staubigen Hitze des Sommers in den Staked Plains vertrieben worden. Noch lag die Kaserne beinahe friedlich schlafend da. Jane hatte es sich angewöhnt früh aufzustehen um ein wenig zu laufen und dafür in der Mittagshitze eine Siesta einzulegen. Dennoch prickelten die Sonnenstrahlen schon auf der braungebrannten Haut.

Vor der Tür zum Zimmer wartete Ali schon mit gespannt wedelten Schweif. Jane hatte Joker versprochen etwas auf ihm aufzupassen, solang er in der ADL wäre. Allerdings gab es recht wenige Themen über denen sie sich unterhalten konnten. Er erklärte ihn, was es mit Fin auf sich hatte. Kitty hatte also die Seele eines unschuldigen Welpen geopfert um in dessen Körper einen Geist zu binden, welche eine Ironie.Schließlich hatte Jane das Spiel 'Katzenjagd' auf ihre Kommlinks gespielt. Gesteuert konnte es auch ohne AR oder VR werden, war multiplayerfähig und war auch so bestens geeignet für den jungen Schamanen. Man spielte dabei einen Hund, der eine Katze durch verschiedene Stadt-Level jagt. Spielt man mit mehreren Hunden zusammen ist taktisches Vorgehen gefragt. Anfangs recht zögerlich, hat Ali Jane schon bald nach ein paar Mods gefragt (und zwar auf der typischen Ali Art mit großen Hundeaugen). Hätte Jane es zugelassen, wäre Ali schon nach einem Tag unter den Top 100 gewesen, aber sie spielten nur offline. Alte Runner Paranoia. Jane war es auch noch aus einem anderen Grund recht, dass Ali in ihrer Nähe blieb. Zwar glaubte sie nicht daran, aber sie wollte nicht, dass Kitty ihre Wut auf Joker an dessen Anhängsel ausließ. Wobei sie momentan eher verzweifelt war.

Sie selbst hatte Kitty nachdem sie die Nachricht erhalten hatte ins Bett gebracht und die Nacht über bei ihr gewacht. Auf Frühlauf wollte sie nicht und so passte jetzt Fin auf ihr auf. Vielleicht brachte er sie dazu, was zu Essen und Trinken, welches Jane bereitgestellt hatte.
Jane selbst hatte ihre Beteiligung an der Angelegenheit bestens verschleiert. Das Kommlink, von dem die Nachricht von Joker an Kitty kam, hatte nur diesen Zweck gehabt. Auch der Ursprung der Nachricht war über verwirrende Pfade nicht oder wenigstens schwer zurück zu verfolgen. Die Nachricht hatte sie erst zerhackstückelt und dann wieder zusammengeschnitten, so dass es auf den zweiten Blick als zusammengeschnitten und so gefälscht aussah. Juristisch abstreitbar. Zwar würde Kitty sie wahrscheinlich trotzdem verdächtigen, aber auch alle Andere.
Jane wunderte sich schon lange, warum Kitty in dieser Runner- und Söldnergruppe war. Sie passte von ihrem Verhalten und Charakter wohl eher an ein Institut oder einem Hörsaal. Dazu ein Häuschen in einem Vorort, eine Familie und ein Hobby für den Adrenalinschub zwischendurch.
Jetzt lag sie völlig fertig herum, wegen so einem Idioten. Von Keiler und Joker hatte sie nur ein kurzes 'erledigt, sind auf dem Rückweg' bekommen. Sie sollten heut Abend zurück kommen und hoffentlich würde man sich dann mit Kitty aussprechen und sie sich wieder einkriegen.
Jane war nicht unbedingt dafür gewesen, John eine Kugel zu verpassen, aber sie verstand Jokers Argumente. Dazu kam, dass dieser Idiot sich aufführte wie eine Axt im Walde und Aufmerksamkeit auf sich zog. Wenn sie ihn erwischten könnte es auch auf Kitty und so auf den Rest der Gruppe zurück fallen. Die Gefahr war jetzt wenigstens gebannt.

Mist. Eine Sekunde nicht aufgepasst und schon hatte sie die Katze aus den Augen verloren. VR wäre es wesentlich einfacher. Schnell änderte ihr Dackel (langsamer wegen kurzer Beine aber dafür passte er durch jedes Loch) die Position. Allerdings hatte Alis Hund die Katze schon erreicht. Wenigstens konnte man auch etwas Taktik lernen. Jedenfalls wenn man je mal in Versuchung kommt eine Katze jagen zu müssen.

Sie musste Keiler zustimmen auch wenn sie es nicht so hart ausgedrückt hätte, schließlich ist Kitty etwas zartbesaitet. Sie hatte ihre Aufgabe nicht erfüllt. Wegen den beiden Wachen, die sie anfangs entdeckt hatte machte sie ihr keine Vorwürfe, auch wenn es Methoden gegeben hätte, das Zeil, sie von der Gruppe abzulenken oder leise und heimlich auszuschalten. Aber die Geister, die dann alarmiert waren, wurden nicht von ihr sondern von Keilers Schultergeschütz ausgeschalten. Jane selbst hatte es auch versucht, aber Geister sind schwer von leichteren Waffen zu zerstörten. Kitty dagegen hatte sich erst noch auf die normalen Gegner gestürzt. Auch die Barriere war vollkommen überflüssig. Nicht nur das sie nichts gebracht hat, auch hat sie ziemlich genau unsere Position verraten, zu einem Zeitpunkt wo nur Keiler aufgefallen war. Anfangs hatte Jane dazu noch gedacht, Kitty wollte sie im Flieger informieren, dass da ein Magier im Astralraum auf sie zu kam. Doch scheinbar wusste sie wirklich nicht, dass sie da eingreifen soll und hat deshalb noch mal nachgefragt.
Langsam beschlich Jane das Gefühl, dass nur Joker dafür gesorgt hat, dass sie bis jetzt überlebt hatte. Jedenfalls würde sie das nächste mal nicht mit Kitty in eine Gruppe gehen. Da waren Jack und Rodger sicher die bessere Wahl.
Aber in Endeffekt hatte man den Auftrag und die Flucht in der leicht beschädigten Maschine, immerhin ein Tarnkappenbomber, verlief auch reibungslos. Das Joker das Teil für eine nicht unbeträchtliche Summe verhökert hat, war ein Glücksgriff. Man konnte endlich einige Verbesserungen, auf denen man lange gespart hatte, durchführen lassen.
Deshalb wollte sie dieses mal den Urlaub in der ADL nutzen. Sie hatte schon eine Klinik gefunden, vertrauenswürdige, Halbschatten. Schließlich hatte sie zwar eine sehr gute Fälschung als SIN, aber es war eine Fälschung. Es lagen keine DNS-Daten oder sonstiges bei. Und das sollte so bleiben. Nicht das ihr irgendetwas aus der Vergangenheit auflauerte.
Eigentlich wollte sie die Vergangenheit ruhen lassen. Wenn man auch nicht daran rumstochert, war die Gefahr geringer, dass etwas aufgeschreckt wird. Und doch..

Jane beobachtet noch einmal die Daten, die sie in ihrem Einsatz in Corpus Christi gesammelt hatten. Das Verhalten der Personen, dieser Zombies, war einfach nur... verrückt. Natürlich gab es in dieser Welt viele verschiedene verrückte Dinge.
Genauso wie es viele Erklärungen gab, jede verrückter als die Andere. In der Religion der Voodoo gibt es Zombies und da viele Magische Traditionen auf Religionen in Verbindung standen, warum nicht. Allerdings waren das schon sehr viele Zombies. Trotzdem konnten es von Geistern besessene oder durch Magie kontrollierte Personen sein. Aber Kittys Hund hatte ja keine Magie gesehen, wobei das ja aber auch keine sichere 'Technik' ist, Janes Meinung nach. Genauso kämen Krankheiten oder Technik in Frage. Ghule verhielten sich auch manchmal so, hatte man ja in Berlin gesehn. Und es gab auch noch Cyberzombies von denen man so Geschichten gehört hatte. Wahrscheinlich gab es noch mehr Möglichkeiten, aber Jane war weder Biologin noch Cybertechnikerin noch so was in der Art. Also wählte sie einen anderen Weg. Sie hatte alle Daten ausgewertet und Keilers Aufnahmen geschnitten. Natürlich kamen die Aufnahmen vom Flugzeugträger nicht in Frage, aber die Fahrt war sicher, vor allem wenn sie tacnetdatenfrei und geschnitten waren. Nun nutzte sie Ladys Kontakte zu den Schatten der Matrix. Auch wenn keiner mehr darüber wusste, war Wenigstens die Wahrheit, oder Teile davon, über die 'Unruhen' in Corpus Christi in der Matrix.
Aus diesem Grund hatte Jane auch etwas Geld für den Erhalt freier Informationen und deren Handel in der Matrix gespendet. Ach welch eine schöne Umschreibung dafür, die Schattenmatrix und deren Hacker und Decker zu unterstützen. Man könnte es auch als eine Investition in die Zukunft ansehen, denn wo sonst bekamen die Runner dieser verkorksten Welt ihre sensibleren Daten her.
Es war jetzt fast einen Monat her, seit sie aus den CAS zurück waren. Neben der Operation und den Cyberverbesserung war Jane auch mit Lady auf einer Technikmesse gewesen. Diese Aktionen hatten zwar einen guten Teil ihres verdienten Geldes geschlungen, aber dafür war sie für den nächsten Job gerüstet.